Angriffe von Separatisten auf Muslime im Süden Thailands
"Kein religiöses Problem, sondern ein politisches"
In Südthailand sind bei einem Angriff auf eine Moschee mindestens zehn Muslime getötet worden. Die Angreifer: vermutlich muslimische Separatisten. Sie sorgen seit Jahren für Unruhen in der Region, mit dem Ziel der Unabhängigkeit vom buddhistischen Thailand.
Von Bernd Musch-Borowska, ARD-Hörfunkstudio Südostasien
Sechs bewaffnete Attentäter stürmten gestern Abend eine voll besetzte Moschee in Cho Airong in der südthailändischen Provinz Narathiwat und töteten mindestens zehn Gläubige, die sich zum Abendgebet versammelt hatten. Mindestens elf weitere wurden schwer verletzt.
Es war zwar der blutigste Anschlag seit Monaten, doch in den vergangenen Wochen hatte es wieder häufiger Anschläge gegeben.
So wurden ebenfalls gestern, ebenfalls in der Provinz Narathiwat, sieben Soldaten bei der Explosion einer Bombe am Straßenrand schwer verletzt. In der Nachbarprovinz Yala wurde ein muslimischer Arbeiter einer Kautschuk-Plantage erschossen. Die Behörden machen in allen Fällen muslimische Separatisten verantwortlich.
Die attackierte Moschee in Südthailand (Foto: AFP) [Bildunterschrift: Dorfbewohner versammeln sich vor der angegriffenen Moschee in Südthailand. ]
Mehr als 3000 Tote in sechs Jahren
Anschläge dieser Art gibt es hier fast täglich. In den drei südlichen Provinzen Thailands, an der Grenze zu Malaysia, sind in den vergangenen sechs Jahren mehr als 3000 Menschen ums Leben gekommen.
Muslimische Separatisten kämpfen seit Jahren für eine Unabhängigkeit dieser mehrheitlich von Muslimen bewohnten Region von Thailand. Sonst ist der größte Teil von Thailands Bevölkerung buddhistisch. Doch hier handele es sich nicht in erster Linie um einen religiösen Konflikt, sagt der Politologe Warayut Sriwarakuel von der Assumption Universität in Bangkok: "Das ist kein religiöses, sondern ein politisches Problem. Einige Gruppen wollen die Unabhängigkeit und sie versuchen das dadurch zu erreichen, dass sie Konflikte zwischen den Menschen in der Region schüren."
Keiner bekennt sich zu Anschlägen
Wer die Täter sind, weiß man nicht genau. Keine der verschiedenen Separatisten-Organisationen hat sich jemals zu einem Anschlag bekannt. Die Menschenrechtsorganisation amnesty international, die normalerweise Regierungen und andere Staatsorgane weltweit wegen Menschenrechtsverletzungen kritisiert, richtete vor kurzem einen dringenden Appell an die Separatisten im Süden Thailands, die Gewalt gegen Zivilisten einzustellen.
Benjamin Zawacki, der regionale Koordinator von amnesty international, sagt: "Die meisten Opfer gab es in den vergangenen fünf Jahren unter der Zivilbevölkerung. Und die meisten zivilen Opfer waren Muslime." Obwohl die Separatisten vorgäben, für den Islam zu kämpfen und für die muslimische Bevölkerung, seien vor allem Muslime von der Gewalt betroffen. "Entweder werden Muslime gezielt ermordet, oder sie werden Opfer von Anschlägen, die an öffentlichen Plätzen verübt werden, wo sich Zivilisten aufhalten", so Zawacki weiter.
Schulen und Lehrer häufigste Ziele
Die Soldaten, die gestern von der Bombe am Straßenrand verletzt wurden, begleiteten eine Fahrzeug-Kolonne von Lehrern auf dem Weg zur Schule. Seit Jahren fahren die Lehrer der staatlichen Schulen in den Provinzen Narathiwat, Yala und Pattani nur noch im Konvoi zu ihrem Arbeitsplatz, begleitet von Sicherheitskräften. Schulen sind die häufigsten Ziele von Anschlägen und die meisten Opfer sind Lehrer. Sie werden gezielt ermordet, in vielen Fällen im Klassenzimmer, vor den Augen der Schüler.
* InternZehn Tote bei Überfall auf Moschee in Thailand (08.06.09)
http://www.tagesschau.de/ausland/suedthailand100.html