Irgendwie geht die Dikussion um Herrn Wulff am Kern der Sache vorbei.
Natürlich kann sich jeder von Freunden Geld leihen, wohl dem der solch solvente Freunde. Aber, und dies ist ein großes Aber, Herr Wulff ist nichtJedermannn. Herr Wulff ist ein Amt- Würdenträger der Bundesrepublik Deutschland.
Da muß er sich schon alleine durch seine herausragende Stellung mit anderen Maßstäben messen lassen. Er muß auch nur den leisesten Anschein von Vorteils- oder Einflußnahme von sich weisen. Er muß sich auch an seinen eigenen Maßstäben messen lassen.
Als noch kleines Licht im Politikbetieb mahnte er selbst die hehren Grundsätze für Politiker an, zwar nur für die einer anderen politischen Coloeur, aber immerhin.Nun will er in Adenauerschen Manier nichts mehr davon wissen, auch passend zu seinem Bekenntnis und Verständnis von Politik.
Natürlich werden seine Anwälte immer sagen das Rechtlich gegen seine Geschäfte und Gebaren nichts einzuwenden sei und vielleicht sogar Recht behalten. Dafür werden sie ja schließlich bezahlt und es ist ihre Aufgaben den Mandaten zu schützen. Anwälte jedoch agieren nicht politisch und haben auch kein politisches Verständnis, sie handeln aus rein rechtlichen Erwägungen.
Politisch Gespür, oder gar Gespür für den Unmut der Bevölkerung, ist für sie fremd, muß es auch sein, denn ein Anwalt muß die Gesetze verwenden und auslegen zu Gunsten des Mandaten.
Hätte Herr Wulff als Ministerpräsident die Frage nach einer Geschäftsbeziehung zu Unternehmern im Landtag nicht so vehement verneint und diese beziehung offen gelegt, wäre sicherlich nichts weiter passiert. Nur die Sitzfindigkeit, daß seine geschäftsbeziehung nicht zu seinem Freund, sondern zu dessen Frau bestehe, kann doch nicht verhindern, daß Herr Wulff versuchte eine Geschäftsbeziehung zu verheimlichen.
Vor ihrer Ehe war Frau Geerkens nicht vermögend, wo also soll das Geld herkommen, daß sie Herrn Wulff geliehen hat. Gerade durch diese Spitzfindigkeit setzt sich Herr Wulff dem Verdacht der Vorteilsnahme aus. Oder sogar, daß er nun dem Ehepaar Geerkens Gefälligkeiten schulde.
Warum klebt er nun an einem Amt, daß er in dem Ansehen beschädigt hat und auch offensichtlich nicht ausfüllen kann und will? Warum will er nicht das tun, was er selbst von anderen verlangte und was eine integre und ehrenhafte Person sogar tun würde? Egal ob er seine Amtszeit zu Ende bringt oder vorzeitig aufhört, er erhält einen "Ehrensold" von fast 200.000 € jährlich bis an sein Ende. Wirtschaftliche oder gar existenzielle Gründe können es ja nicht sein.
Frau Merkel hat in dieser Sache schon zum zweitenmal bewiesen, daß auch ihr jegliches Gespür für das Empfinden in der Bevölkerung fehlt. Herrn Guttenberg, der seinen Titel offensichtlich erschlichen hatte, deckte sie mit den Worten "keinen wissenschaftlichen Assistenten eingestellt zu haben". Da fehlte ihr nicht nur Gespür für die Befremdlichkeit bei den Leuten für die Politik, nein es fehlte ihr auch an Unrechtsbewußtsein.
Nun hat zum zweitenmal einer ihrer Wunschkandidaten sich blamiert, aber auch diesem stärkt sie den Rücken. Die Degeneration der Politik in eine Selbstbedienungsklasse ist damit nicht nur eine Causa Wulff, sondern auch (oder sogar mehr) eine Causa Merkel.
Nicht das ich glaube andere politische Richtungen wären besser. Amtierende Politiker fühlen sich einer besonderen Klasse zugeordnet und aus dieser Klassenzugehörigkeit entnehmen sie die Berechtigung ethische Prinzipien (ich will gar nicht die moralisch-religiösen Werte heranführen, die sie selbst immer im Munde führen, die wohl aber nur für die Anderen zu gelten haben) zu mißachten und sich das Recht auf besondere Privilegien anzumassen.
Sie empfinden sich augenscheinlich nicht mehr als Teil des Staatsvolkes, nein sie empfinden sich als Staat.
Solange unsere "Demokratie" nicht die direkte Einflußnahme des Staatsvolks vorsieht, kann und wird sich das nicht ändern. Jeder Amtsträger muß auch abgewählt werden können und das muß geschehen, wenn sich eine Mehrheit gegen den Verbleib im Amt ausspricht. Abgeordnete sind nach dem Gesetz nur ihrem Gewissen verpflichtet, gut, aber dann müßte ein Fraktionszwang auch strafbar sein. Mobbing wenn ein Abgeordneter seinem Gewissen folgte erst recht. Und er muß sich dem Votum seiner Wähler stellen.
Ich stimme also dem zu, die meisten Amtsträger, egal welcher Partei auch, aus dem Amt zu jagen und neue qualifizierte Menschen in die Vakanzen zu berufen. Fast jeder von der Straße könnte die Arbeit höchstenfalls genauso schlecht machen, mit etwas Hoffnung wahrscheinlich sogar etwas besser.
Und noch eines, ein dem Populismus verfallener Politiker ist ein Versager, denn er zeigt deutlich, daß er eine Postion nicht vertreten kann und erst recht nicht denen, die betroffen sind verständlich zu erklären, warum etwas getan werden muß.
Die politische Klasse muß beiseite geräumt werden und durch nichts ersetzt werden. Politiker müssen sich daran messen lassen, wie gut sie ihre Hausaufgaben machen. Dazu gehört mit Sicherheit nicht in Hinterzimmer Händel zu schließen.
Ja wir sind eine Klassengesellschaft, es gibt die Ober- Mittel- und Unterschicht. Normalerweise werden diese durch die finanzielle Situation definiert, leider wirkt sich die Finanzsituation zu oft auch auf die Bildung aus. Und die Klassengrenzen zementieren sich immer mehr, Aufstieg wird immer schwerer, je mehr sich die Schichten nach unten abgrenzen und ihr Territorium verteidigen.
Eine poltische Klasse, verdammt noch mal, wo soll die denn angesiedelt sein. Über der Oberschicht? Ja dann ist kein Wunder, daß sich die Politiker am Freßtrog alle verbeißen und sich unberechtigt die Taschen vollstopfen. Zur Oberschicht gehört nun mal ein ansehliches vermögen.