RE: Zurück in die Zukunft - oder doch nur ein Déjà-vu ?

#16 von illuminati , 02.08.2012 09:17

Ein kleiner Bericht aus der neuen Welt vor dem 1. WK

Zitat

Ich erfand mir nämlich ein Spiel mit mir selbst. Ich suggerierte mir, da ich hier völlig einsam herumirrte, ich wäre einer der unzähligen Auswanderer, die nicht wußten, was mit sich anzufangen, und hätte nur sieben Dollar in der Tasche. Tu also freiwillig das, sagte ich mir, was diese tun müssen. Stell dir vor, du seiest gezwungen, spätestens nach drei Tagen dir dein Brot zu verdienen. Sieh dich um, wie man hier anfängt als Fremder ohne Verbindungen und Freunde sofort einen Verdienst zu finden! So begann ich von Stellenbüro zu Stellenbüro zu wandern und an den Türen die Anschlagzettel zu studieren. Da war ein Bäcker gesucht, dort ein Aushilfsschreiber, der Französisch und Italienisch können mußte, hier ein Buchhandlungsgehilfe: dies letztere immerhin eine erste Chance für mein imaginäres Ich. So kletterte ich hinauf, drei Stock eiserne Wendeltreppen, erkundigte mich nach dem Gehalt und verglich es wiederum in den Zeitungsannoncen mit den Preisen für ein Zimmer in der Bronx. Nach zwei Tagen ›Stellensuche‹ hatte ich theoretisch fünf Posten gefunden, die mir das Leben hätten fristen können; so hatte ich stärker als im bloßen Flanieren mich überzeugt, wieviel Raum, wieviel Möglichkeit in diesem jungen Lande für jeden Arbeitswilligen vorhanden war, und das imponierte mir. Auch hatte ich durch dieses Wandern von Agentur zu Agentur, durch das Mich-Vorstellen in Geschäften Einblick in die göttliche Freiheit des Landes gewonnen. Niemand fragte mich nach meiner Nationalität, meiner Religion, meiner Herkunft, und ich war ja – phantastisch für unsere heutige Welt der Fingerabdrücke, Visen und Polizeinachweise – ohne Paß gereist. Aber da stand die Arbeit und wartete auf den Menschen; das allein entschied. In einer Minute war ohne den hemmenden Eingriff von Staat und Formalitäten und Trade-Unions in diesen Zeiten schon sagenhaft gewordener Freiheit der Kontrakt geschlossen. Dank dieser ›Stellungssuche‹ habe ich gleich in den ersten Tagen mehr von Amerika gelernt als in all den späteren Wochen, wo ich als behaglicher Tourist dann Philadelphia, Boston, Baltimore, Chicago durchwanderte, einzig in Boston bei Charles Loeffler, der einige meiner Gedichte komponiert hatte, ein paar gesellige Stunden verbringend, sonst immer allein. Ein einziges Mal unterbrach eine Überraschung diese völlige Anonymität meiner Existenz. Ich erinnere mich noch deutlich an diesen Augenblick. Ich schlenderte in Philadelphia eine breite Avenue entlang; vor einer großen Buchhandlung blieb ich stehen, um wenigstens an den Namen der Autoren irgend etwas Bekanntes, mir schon Vertrautes zu empfinden. Plötzlich schrak ich auf. Im Schaufenster dieser Buchhandlung standen links unten sechs oder sieben deutsche Bücher, und von einem sprang mein eigener Name mich an. Ich blickte wie verzaubert hin und begann nachzudenken. Etwas von meinem Ich, das da unbekannt und scheinbar sinnlos durch diese fremden Straßen trieb, von niemandem gekannt, von niemandem beachtet, war also schon vor mir dagewesen; der Buchhändler mußte meinen Namen auf einen Bücherzettel geschrieben haben, damit dieses Buch zehn Tage über den Ozean hinüberfuhr.
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Die Welt von Gestern: Erinnerungen eines Europäers (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) (Stefan Zweig)

 
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RE: Zurück in die Zukunft - oder doch nur ein Déjà-vu ?

#17 von illuminati , 02.08.2012 09:20

Eine kurze Zusammenfassung der Zeit vor dem 1. WK sie neigt sich dem Ende entgegen

Zitat

Glanz und Schatten über Europa Nun hatte ich zehn Jahre des neuen Jahrhunderts gelebt, Indien, ein Stück von Amerika und Afrika gesehen; mit einer neuen, wissenderen Freude begann ich auf unser Europa zu blicken. Nie habe ich unsere alte Erde mehr geliebt als in diesen letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg, nie mehr auf Europas Einigung gehofft, nie mehr an seine Zukunft geglaubt als in dieser Zeit, da wir meinten, eine neue Morgenröte zu erblicken. Aber es war in Wahrheit schon der Feuerschein des nahenden Weltbrands. Es ist vielleicht schwer, der Generation von heute, die in Katastrophen, Niederbrüchen und Krisen aufgewachsen ist, denen Krieg eine ständige Möglichkeit und eine fast tägliche Erwartung gewesen, den Optimismus, das Weltvertrauen zu schildern, die uns junge Menschen seit jener Jahrhundertwende beseelten. Vierzig Jahre Frieden hatten den wirtschaftlichen Organismus der Länder gekräftigt, die Technik den Rhythmus des Lebens beschwingt, die wissenschaftlichen Entdeckungen den Geist jener Generation stolz gemacht; ein Aufschwung begann, der in allen Ländern unseres Europas fast gleichmäßig zu fühlen war. Die Städte wurden schöner und volkreicher von Jahr zu Jahr, das Berlin von 1905 glich nicht mehr jenem, das ich 1901 gekannt, aus der Residenzstadt war eine Weltstadt geworden und war schon wieder großartig überholt von dem Berlin von 1910. Wien, Mailand, Paris, London, Amsterdam – wann immer man wiederkam, war man erstaunt und beglückt; breiter, prunkvoller wurden die Straßen, machtvoller die öffentlichen Bauten, luxuriöser und geschmackvoller die Geschäfte. Man spürte es an allen Dingen, wie der Reichtum wuchs und wie er sich verbreitete; selbst wir Schriftsteller merkten es an den Auflagen, die sich in dieser einen Spanne von zehn Jahren verdreifachten, verfünffachten, verzehnfachten. Überall entstanden neue Theater, Bibliotheken, Museen; Bequemlichkeiten, die wie Badezimmer und Telephon vordem das Privileg enger Kreise gewesen, drangen ein in die kleinbürgerlichen Kreise, und von unten stieg, seit die Arbeitszeit verkürzt war, das Proletariat empor, Anteil wenigstens an den kleinen Freuden und Behaglichkeiten des Lebens zu nehmen. Überall ging es vorwärts. Wer wagte, gewann. Wer ein Haus, ein seltenes Buch, ein Bild kaufte, sah es im Werte steigen, je kühner, je großzügiger ein Unternehmen angelegt wurde, um so sicherer lohnte es sich. Eine wunderbare Unbesorgtheit war damit über die Welt gekommen, denn was sollte diesen Aufstieg unterbrechen, was den Elan hemmen, der aus seinem eigenen Schwung immer neue Kräfte zog? Nie war Europa stärker, reicher, schöner, nie glaubte es inniger an eine noch bessere Zukunft; niemand außer ein paar schon verhutzelten Greisen klagte wie vordem um die ›gute alte Zeit‹. Aber nicht nur die Städte, auch die Menschen selbst wurden schöner und gesünder dank des Sports, der besseren Ernährung, der verkürzten Arbeitszeit und der innigeren Bindung an die Natur. Der Winter, früher eine Zeit der Öde, von den Menschen mißmutig bei Kartenspielen in Wirtshäusern oder gelangweilt in überheizten Stuben vertan, war auf den Bergen entdeckt worden als eine Kelter gefilterter Sonne, als Nektar für die Lungen, als Wollust der blutdurchjagten Haut. Und die Berge, die Seen, das Meer lagen nicht mehr so fernab wie einst. Das Fahrrad, das Automobil, die elektrischen Bahnen hatten die Distanzen verkleinert und der Welt ein neues Raumgefühl gegeben. Sonntags sausten in grellen Sportjacken auf Skiern und Rodeln Tausende und Zehntausende die Schneehalden hinab, überall entstanden Sportpaläste und Schwimmbäder. Und gerade im Schwimmbad konnte man die Verwandlung deutlich gewahren; während in meinen Jugendjahren ein wirklich wohlgewachsener Mann auffiel inmitten der Dickhälse, Schmerbäuche und eingefallenen Brüste, wetteiferten jetzt miteinander turnerisch gelenkige, von Sonne gebräunte, von Sport gestraffte Gestalten in antikisch heiterem Wettkampf. Niemand außer den Allerärmsten blieb sonntags mehr zu Hause, die ganze Jugend wanderte, kletterte und kämpfte, in allen Sportarten geschult; wer Ferien hatte, zog nicht mehr wie in meiner Eltern Tage in die Nähe der Stadt oder bestenfalls ins Salzkammergut, man war neugierig auf die Welt geworden, ob sie überall so schön sei und noch anders schön; während früher nur die Privilegierten das Ausland gesehen, reisten jetzt Bankbeamte und kleine Gewerbsleute nach Italien, nach Frankreich. Es war billiger, es war bequemer geworden, das Reisen, und vor allem: es war der neue Mut, die neue Kühnheit in den Menschen, die sie auch verwegener machte im Wandern, weniger ängstlich und sparsam im Leben –, ja, man schämte sich, ängstlich zu sein. Die ganze Generation entschloß sich, jugendlicher zu werden, jeder war im Gegensatz zu meiner Eltern Welt stolz darauf, jung zu sein; plötzlich verschwanden zuerst bei den Jüngeren die Bärte, dann ahmten ihnen die Älteren nach, um nicht als alt zu gelten. Jungsein, Frischsein und nicht mehr Würdigtun wurde die Parole. Die Frauen warfen die Korsetts weg, die ihnen die Brüste eingeengt, sie verzichteten auf die Sonnenschirme und Schleier, weil sie Luft und Sonne nicht mehr scheuten, sie kürzten die Röcke, um besser beim Tennis die Beine regen zu können, und zeigten keine Scham mehr, die wohlgewachsenen sichtbar werden zu lassen. Die Mode wurde immer natürlicher, Männer trugen Breeches, Frauen wagten sich in den Herrensattel, man verhüllte, man versteckte sich nicht mehr voreinander. Die Welt war nicht nur schöner, sie war auch freier geworden. Es war die Gesundheit, das Selbstvertrauen des nach uns gekommenen neuen Geschlechts, das sich diese Freiheit auch in der Sitte eroberte. Zum erstenmal sah man schon junge Mädchen ohne Gouvernante mit jungen Freunden auf Ausflügen und bei dem Sport in offener und selbstsicherer Kameradschaft; sie waren nicht mehr ängstlich und prüde, sie wußten, was sie wollten und was sie nicht wollten. Der Angstkontrolle der Eltern entkommen, als Sekretärinnen, Beamtinnen ihr Leben selber verdienend, nahmen sie sich das Recht, ihr Leben selber zu formen. Die Prostitution, diese einzig erlaubte Liebesinstitution der alten Welt, nahm zusehends ab, dank dieser neuen und gesünderen Freiheit, jede Form von Prüderie wurde zur Altmodischkeit. In den Schwimmbädern wurde immer häufiger die hölzerne Planke, die bisher unerbittlich das Herrenbad vom Damenbad getrennt, niedergerissen, Frauen und Männer schämten sich nicht mehr, zu zeigen, wie sie gewachsen waren; in diesen zehn Jahren war mehr Freiheit, Ungezwungenheit, Unbefangenheit zurückgewonnen worden als vordem in hundert Jahren. Denn ein anderer Rhythmus war in der Welt. Ein Jahr, was geschah jetzt alles in einem Jahr! Eine Erfindung, eine Entdeckung jagte die andere, und jede wiederum wurde im Fluge allgemeines Gut, zum erstenmal fühlten die Nationen gemeinsamer, wenn es das Gemeinsame galt. Ich war am Tage, da der Zeppelin sich zur ersten Reise aufschwang, auf dem Wege nach Belgien zufällig in Straßburg, wo er unter dem dröhnenden Jubel der Menge das Münster umkreiste, als wollte er, der Schwebende, vor dem tausendjährigen Werke sich neigen. Abends in Belgien bei Verhaeren kam die Nachricht, daß das Luftschiff in Echterdingen zerschellt sei. Verhaeren hatte Tränen in den Augen und war furchtbar erregt. Nicht war er etwa als Belgier gleichgültig gegen die deutsche Katastrophe, sondern als Europäer, als Mann unserer Zeit empfand er ebenso den gemeinsamen Sieg über die Elemente wie die gemeinsame Prüfung. Wir jauchzten in Wien, als Blériot den Ärmelkanal überflog, als wäre es ein Held unserer Heimat; aus Stolz auf die sich stündlich überjagenden Triumphe unserer Technik, unserer Wissenschaft war zum erstenmal ein europäisches Gemeinschaftsgefühl, ein europäisches Nationalbewußtsein im Werden. Wie sinnlos, sagten wir uns, diese Grenzen, wenn sie jedes Flugzeug spielhaft leicht überschwingt, wie provinziell, wie künstlich diese Zollschranken und Grenzwächter, wie widersprechend dem Sinn unserer Zeit, der sichtlich Bindung und Weltbrüderschaft begehrt! Dieser Aufschwung des Gefühls war nicht weniger wunderbar als jener der Aeroplane; ich bedaure jeden, der nicht jung diese letzten Jahre des Vertrauens in Europa miterlebt hat. Denn die Luft um uns ist nicht tot und nicht leer, sie trägt in sich die Schwingung und den Rhythmus der Stunde. Sie preßt ihn unbewußt in unser Blut, bis tief ins Herz und ins Hirn leitet sie ihn fort. In diesen Jahren hat jeder einzelne von uns Kraft aus dem allgemeinen Aufschwung der Zeit in sich gesogen und seine persönliche Zuversicht gesteigert aus der kollektiven. Vielleicht haben wir, undankbar wie wir Menschen sind, damals nicht gewußt, wie stark, wie sicher uns die Welle trug. Aber nur wer diese Epoche des Weltvertrauens miterlebt hat, weiß, daß alles seitdem Rückfall und Verdüsterung gewesen.
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Zitat
Die französischen Industriellen, die dick verdienten, hetzten gegen die deutschen, die ebenso im Fett saßen, weil beide mehr Lieferungen von Kanonen wollten, Krupp und Schneider-Creusot. Die Hamburger Schiffahrt mit ihren riesigen Dividenden arbeitete gegen die von Southampton, die ungarischen Landwirte gegen die serbischen, die einen Konzerne gegen die andern – die Konjunktur hatte sie alle toll gemacht, hüben und drüben, nach einem wilden Mehr und Mehr. Wenn man heute ruhig überlegend sich fragt, warum Europa 1914 in den Krieg ging, findet man keinen einzigen Grund vernünftiger Art und nicht einmal einen Anlaß. Es ging um keine Ideen, es ging kaum um die kleinen Grenzbezirke; ich weiß es nicht anders zu erklären als mit diesem Überschuß an Kraft, als tragische Folge jenes inneren Dynamismus, der sich in diesen vierzig Jahren Frieden aufgehäuft hatte und sich gewaltsam entladen wollte. Jeder Staat hatte plötzlich das Gefühl, stark zu sein, und vergaß, daß der andere genauso empfand, jeder wollte noch mehr und jeder etwas von dem andern. Und das Schlimmste war, daß gerade jenes Gefühl uns betrog, das wir am meisten liebten: unser gemeinsamer Optimismus. Denn jeder glaubte, in letzter Minute werde der andere doch zurückschrecken; so begannen die Diplomaten ihr Spiel des gegenseitigen Bluffens. Viermal, fünfmal, bei Agadir, im Balkankrieg, in Albanien blieb es beim Spiel; aber die großen Koalitionen formten sich immer enger, immer militärischer. In Deutschland wurde eine Kriegssteuer eingeführt mitten im Frieden, in Frankreich die Dienstzeit verlängert; schließlich mußte sich die Überkraft entladen, und die Wetterzeichen am Balkan zeigten die Richtung, von der die Wolken sich schon Europa näherten. Es war noch keine Panik, aber doch eine ständige schwelende Unruhe; immer fühlten wir ein leises Unbehagen, wenn vom Balkan her die Schüsse knatterten. Sollte wirklich der Krieg uns überfallen, ohne daß wir es wußten, warum und wozu? Langsam – allzu langsam, allzu zaghaft, wie wir heute wissen! – sammelten sich die Gegenkräfte. Da war die sozialistische Partei, Millionen von Menschen hüben und Millionen drüben, die in ihrem Programm den Krieg verneinten, da waren die mächtigen katholischen Gruppen unter der Führung des Papstes und einige international verquickte Konzerne, da waren einige wenige verständige Politiker, die gegen jene unterirdischen Treibereien sich auflehnten. Und auch wir standen in der Reihe gegen den Krieg, die Schriftsteller, allerdings wie immer individualistisch isoliert, statt geschlossen und entschlossen. Die Haltung der meisten Intellektuellen war leider eine gleichgültig passive, denn dank unserem Optimismus war das Problem des Krieges mit all seinen moralischen Konsequenzen noch gar nicht in unseren inneren Gesichtskreis getreten – in keiner der wesentlichen Schriften der Prominenten jener Zeit findet sich eine einzige prinzipielle Auseinandersetzung oder leidenschaftliche Warnung. Wir glaubten genug zu tun, wenn wir europäisch dachten und international uns verbrüderten, wenn wir in unserer – auf das Zeitliche doch nur auf Umwegen einwirkenden – Sphäre uns zum Ideal friedlicher Verständigung und geistiger Verbrüderung über die Sprachen und Länder hinweg bekannten. Und gerade die neue Generation war es, die am stärksten dieser europäischen Idee anhing.
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RE: Zurück in die Zukunft - oder doch nur ein Déjà-vu ?

#18 von illuminati , 02.08.2012 09:25

Es geht los - und niemand glaubt es ......

Zitat
Es war, wie ich nach wenigen Minuten erfuhr, die Depesche, daß Seine kaiserliche Hoheit, der Thronfolger Franz Ferdinand und seine Gemahlin, die zu den Manövern nach Bosnien gefahren waren, daselbst einem politischen Meuchelmord zum Opfer gefallen seien. Immer mehr Menschen scharten sich um diesen Anschlag. Einer sagte dem andern die unerwartete Nachricht weiter. Aber um der Wahrheit die Ehre zu geben: keine sonderliche Erschütterung oder Erbitterung war von den Gesichtern abzulesen. Denn der Thronfolger war keineswegs beliebt gewesen. Noch von meiner frühesten Kindheit erinnere ich mich an jenen andern Tag, als Kronprinz Rudolf, der einzige Sohn des Kaisers, in Mayerling erschossen aufgefunden wurde. Damals war die ganze Stadt in einem Aufruhr ergriffener Erregung gewesen, ungeheure Massen hatten sich gedrängt, um die Aufbahrung zu sehen, überwältigend sich das Mitgefühl für den Kaiser und der Schrecken geäußert, daß sein einziger Sohn und Erbe, dem man als einem fortschrittlichen und menschlich ungemein sympathischen Habsburger die größten Erwartungen entgegengebracht hatte, im besten Mannesalter dahingegangen war. Franz Ferdinand dagegen fehlte gerade das, was in Österreich für eine rechte Popularität unermeßlich wichtig war: persönliche Liebenswürdigkeit, menschlicher Charme und Umgänglichkeit der Formen. Ich hatte ihn oftmals im Theater beobachtet. Da saß er in seiner Loge, mächtig und breit, mit kalten, starren Augen, ohne einen einzigen freundlichen Blick auf das Publikum zu richten oder die Künstler durch herzlichen Beifall zu ermutigen. Nie sah man ihn lächeln, keine Photographie zeigte ihn in aufgelockerter Haltung. Er hatte keinen Sinn für Musik, keinen Sinn für Humor, und ebenso unfreundlich blickte seine Frau. Um diese beiden stand eine eisige Luft; man wußte, daß sie keine Freunde hatten, wußte, daß der alte Kaiser ihn von Herzen haßte, weil er seine Thronfolger-Ungeduld, zur Herrschaft zu kommen, nicht taktvoll zu verbergen verstand. Mein fast mystisches Vorgefühl, daß von diesem Mann mit dem Bulldoggnacken und den starren, kalten Augen irgendein Unglück ausgehen würde, war also durchaus kein persönliches, sondern weit in der ganzen Nation verbreitet; die Nachricht von seiner Ermordung erregte deshalb keine tiefe Anteilnahme. Zwei Stunden später konnte man kein Anzeichen wirklicher Trauer mehr bemerken. Die Leute plauderten und lachten, spät abends spielte in den Lokalen wieder die Musik. Es gab viele an diesem Tag in Österreich, die im stillen heimlich aufatmeten, daß dieser Erbe des alten Kaisers zugunsten des ungleich beliebteren jungen Erzherzogs Karl erledigt war.
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Zitat
Aber da begannen nach ungefähr einer Woche plötzlich Plänkeleien in den Zeitungen, deren Crescendo zu gleichzeitig war, um ganz zufällig zu sein. Die serbische Regierung wurde des Einverständnisses beschuldigt, und es wurde mit halben Worten angedeutet, daß Österreich diesen Mord seines – angeblich so geliebten – Thronfolgers nicht ungesühnt lassen dürfe. Man konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, daß sich irgendeine Aktion publizistisch vorbereite, aber niemand dachte an Krieg. Weder Banken noch Geschäfte und Privatleute änderten ihre Dispositionen.
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Zitat
Auch in Le Coq, dem kleinen Seebad nahe bei Ostende, wo ich zwei Wochen verbringen wollte, ehe ich wie alljährlich Gast in dem kleinen Landhause Verhaerens war, herrschte die gleiche Sorglosigkeit. Die Urlaubsfreudigen lagen unter ihren farbigen Zelten am Strande oder badeten, die Kinder ließen Drachen steigen, vor den Kaffeehäusern tanzten die jungen Leute auf der Digue. Alle denkbaren Nationen fanden sich friedlich zusammen, man hörte insbesondere viel deutsch sprechen, denn wie alljährlich entsandte das nahe Rheinland seine sommerlichen Feriengäste am liebsten an den belgischen Strand. Die einzige Störung kam von den Zeitungsjungen, die, um den Verkauf zu fördern, die drohenden Überschriften der Pariser Blätter laut ausbrüllten: »L’Autriche provoque la Russie«, »L’Allemagne prépare la mobilisation«. Man sah, wie sich die Gesichter der Leute, wenn sie die Zeitungen kauften, verdüsterten, aber immer bloß für ein paar Minuten. Schließlich kannten wir diese diplomatischen Konflikte schon seit Jahren; sie waren immer in letzter Stunde, bevor es ernst wurde, glücklich beigelegt worden. Warum nicht auch diesmal? Eine halbe Stunde später sah man dieselben Leute schon wieder vergnügt prustend im Wasser plätschern, die Drachen stiegen, die Möwen flatterten, und die Sonne lachte hell und warm über dem friedlichen Land. Aber die schlimmen Nachrichten häuften sich und wurden immer bedrohlicher. Erst das Ultimatum Österreichs an Serbien, die ausweichende Antwort darauf, Telegramme zwischen den Monarchen und schließlich die kaum mehr verborgenen Mobilisationen. Es hielt mich nicht mehr länger in dem engen, abgelegenen Ort. Ich fuhr jeden Tag mit der kleinen elektrischen Bahn nach Ostende hinüber, um den Nachrichten näher zu sein; und sie wurden immer schlimmer. Noch badeten die Leute, noch waren die Hotels voll, noch drängten sich auf der Digue promenierende, lachende, schwatzende Sommergäste. Aber zum erstenmal schob sich etwas Neues dazwischen. Plötzlich sah man belgische Soldaten auftauchen, die sonst nie den Strand betraten. Maschinengewehre wurden – eine sonderbare Eigenheit der belgischen Armee – von Hunden auf kleinen Wagen gezogen.
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RE: Zurück in die Zukunft - oder doch nur ein Déjà-vu ?

#19 von illuminati , 02.08.2012 09:28

Zitat
Mit all seinen merkwürdigen Schrullen hatte dieser geniale Harpagon uns heiter gemacht; und als gerade wieder so ein Trupp Soldaten mit dem hundebespannten Maschinengewehr vorüberzog, stand einer von uns auf und streichelte den Hund, sehr zum Ärger des begleitenden Offiziers, der befürchtete, daß durch diese Liebkosung eines kriegerischen Objekts die Würde einer militärischen Institution geschädigt werden könnte. »Wozu dieses dumme Herummarschieren?« murrte einer in unserem Kreise. Aber ein anderer antwortete erregt: »Man muß doch seine Vorkehrungen treffen. Es heißt, daß die Deutschen im Falle eines Krieges bei uns durchbrechen wollen.« »Ausgeschlossen!« sagte ich mit ehrlicher Überzeugung, denn in jener alten Welt glaubte man noch an die Heiligkeit von Verträgen. »Wenn etwas passieren sollte und Frankreich und Deutschland sich gegenseitig bis auf den letzten Mann vernichten, werdet ihr Belgier ruhig im Trockenen sitzen!« Aber unser Pessimist gab nicht nach. Das müsse einen Sinn haben, sagte er, wenn man in Belgien solche Maßnahmen anordne. Schon vor Jahren hätte man Wind von einem geheimen Plan des deutschen Generalstabs bekommen, im Falle einer Attacke auf Frankreich trotz allen beschworenen Verträgen in Belgien durchzustoßen. Aber ich gab gleichfalls nicht nach. Mir schien es völlig absurd, daß, während Tausende und Zehntausende von Deutschen hier lässig und fröhlich die Gastfreundschaft dieses kleinen, unbeteiligten Landes genossen, an der Grenze eine Armee einbruchsbereit stehen sollte. »Unsinn!« sagte ich. »Hier an dieser Laterne könnt ihr mich aufhängen, wenn die Deutschen in Belgien einmarschieren!« Ich muß meinen Freunden noch heute dankbar sein, daß sie mich später nicht beim Wort genommen haben. Aber dann kamen die allerletzten kritischen Julitage und jede Stunde eine andere widersprechende Nachricht, die Telegramme des Kaisers Wilhelm an den Zaren, die Telegramme des Zaren an Kaiser Wilhelm, die Kriegserklärung Österreichs an Serbien, die Ermordung von Jaurès. Man spürte, es wurde ernst. Mit einemmal wehte ein kalter Wind von Angst über den Strand und fegte ihn leer. Zu Tausenden verließen die Leute die Hotels, die Züge wurden gestürmt, selbst die Gutgläubigsten begannen jetzt schleunigst ihre Koffer zu packen. Auch ich sicherte mir, kaum daß ich die Nachricht von der österreichischen Kriegserklärung an Serbien hörte, ein Billett, und es war wahrhaftig Zeit. Denn dieser Ostendeexpreß wurde der letzte Zug, der aus Belgien nach Deutschland ging. Wir standen in den Gängen, aufgeregt und voll Ungeduld, jeder sprach mit dem andern. Niemand vermochte ruhig sitzen zu bleiben oder zu lesen, an jeder Station stürzte man heraus, um neue Nachrichten zu holen, voll der geheimnisvollen Hoffnung, daß irgendeine entschlossene Hand das entfesselte Schicksal noch zurückreißen könnte. Noch immer glaubte man nicht an den Krieg und noch weniger an einen Einbruch in Belgien; man konnte es nicht glauben, weil man einen solchen Irrwitz nicht glauben wollte. Allmählich näherte der Zug sich der Grenze, wir passierten Verviers, die belgische Grenzstation. Deutsche Schaffner stiegen ein, in zehn Minuten sollten wir auf deutschem Gebiet sein. Aber auf dem halben Wege nach Herbesthal, der ersten deutschen Station, blieb plötzlich der Zug auf freiem Felde stehen. Wir drängten in den Gängen zu den Fenstern. Was war geschehen? Und da sah ich im Dunklen einen Lastzug nach dem andern uns entgegenkommen, offene Waggons, mit Plachen bedeckt, unter denen ich undeutlich die drohenden Formen von Kanonen zu erkennen glaubte. Mir stockte das Herz. Das mußte der Vormarsch der deutschen Armee sein. Aber vielleicht, tröstete ich mich, war es doch nur eine Schutzmaßnahme, nur eine Drohung mit Mobilisation und nicht die Mobilisation selbst. Immer wird ja in den Stunden der Gefahr der Wille, noch einmal zu hoffen, riesengroß. Endlich kam das Signal ›Strecke frei‹, der Zug rollte weiter und lief in der Station Herbesthal ein. Ich sprang mit einem Ruck die Stufen hinunter, eine Zeitung zu holen und Erkundigungen einzuziehen. Aber der Bahnhof war besetzt von Militär. Als ich in den Wartesaal eintreten wollte, stand vor der verschlossenen Tür abwehrend ein Beamter, weißbärtig und streng: niemand dürfe die Bahnhofsräume betreten. Aber ich hatte schon hinter den sorgfältig verhängten Glasscheiben der Tür das leise Klirren und Klinkern von Säbeln, das harte Niederstellen von Kolben gehört. Kein Zweifel, das Ungeheuerliche war im Gang, der deutsche Einbruch in Belgien wider aller Satzung des Völkerrechts. Schaudernd stieg ich wieder in den Zug und fuhr weiter, nach Österreich zurück. Jetzt gab es keinen Zweifel mehr: ich fuhr in den Krieg.
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#20 von illuminati , 02.08.2012 09:31

Eine Welle der Euphorie läuft durch Europa - eine Kriegseuphorie .....

Zitat
Am nächsten Morgen in Österreich! In jeder Station klebten die Anschläge, welche die allgemeine Mobilisation angekündigt hatten. Die Züge füllten sich mit frisch eingerückten Rekruten, Fahnen wehten. Musik dröhnte, in Wien fand ich die ganze Stadt in einem Taumel. Der erste Schrecken über den Krieg, den niemand gewollt, nicht die Völker, nicht die Regierung, diesen Krieg, der den Diplomaten, die damit spielten und blufften, gegen ihre eigene Absicht aus der ungeschickten Hand gerutscht war, war umgeschlagen in einen plötzlichen Enthusiasmus. Aufzüge formten sich in den Straßen, plötzlich loderten überall Fahnen, Bänder und Musik, die jungen Rekruten marschierten im Triumph dahin, und ihre Gesichter waren hell, weil man ihnen zujubelte, ihnen, den kleinen Menschen des Alltags, die sonst niemand beachtet und gefeiert. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, muß ich bekennen, daß in diesem ersten Aufbruch der Massen etwas Großartiges, Hinreißendes und sogar Verführerisches lag, dem man sich schwer entziehen konnte. Und trotz allem Haß und Abscheu gegen den Krieg möchte ich die Erinnerung an diese ersten Tage in meinem Leben nicht missen: Wie nie fühlten die Tausende und Hunderttausende Menschen, was sie besser im Frieden hätten fühlen sollen: daß sie zusammengehörten. Eine Stadt von zwei Millionen, ein Land von fast fünfzig Millionen empfanden in dieser Stunde, daß sie Weltgeschichte, daß sie einen nie wiederkehrenden Augenblick miterlebten und daß jeder aufgerufen war, sein winziges Ich in diese glühende Masse zu schleudern, um sich dort von aller Eigensucht zu läutern. Alle Unterschiede der Stände, der Sprachen, der Klassen, der Religionen waren überflutet für diesen einen Augenblick von dem strömenden Gefühl der Brüderlichkeit. Fremde sprachen sich an auf der Straße, Menschen, die sich jahrelang auswichen, schüttelten einander die Hände, überall sah man belebte Gesichter. Jeder einzelne erlebte eine Steigerung seines Ichs, er war nicht mehr der isolierte Mensch von früher, er war eingetan in eine Masse, er war Volk, und seine Person, seine sonst unbeachtete Person hatte einen Sinn bekommen. Der kleine Postbeamte, der sonst von früh bis nachts Briefe sortierte, immer wieder sortierte, von Montag bis Samstag ununterbrochen sortierte, der Schreiber, der Schuster hatte plötzlich eine andere, eine romantische Möglichkeit in seinem Leben: er konnte Held werden, und jeden, der eine Uniform trug, feierten schon die Frauen, grüßten ehrfürchtig die Zurückbleibenden im voraus mit diesem romantischen Namen. Sie anerkannten die unbekannte Macht, die sie aus ihrem Alltag heraushob; selbst die Trauer der Mütter, die Angst der Frauen schämte sich in diesen Stunden des ersten Überschwangs, ihr doch allzu natürliches Gefühl zu bekunden. Vielleicht aber war in diesem Rausch noch eine tiefere, eine geheimnisvollere Macht am Werke. So gewaltig, so plötzlich brach diese Sturzwelle über die Menschheit herein, daß sie, die Oberfläche überschäumend, die dunklen, die unbewußten Urtriebe und Instinkte des Menschtiers nach oben riß, – das, was Freud tiefsehend ›die Unlust an der Kultur‹ nannte, das Verlangen, einmal aus der bürgerlichen Welt der Gesetze und Paragraphen auszubrechen und die uralten Blutinstinkte auszutoben. Vielleicht hatten auch diese dunklen Mächte ihren Teil an dem wilden Rausch, in dem alles gemischt war, Opferfreude und Alkohol, Abenteuerlust und reine Gläubigkeit, die alte Magie der Fahnen und der patriotischen Worte – diesem unheimlichen, in Worten kaum zu schildernden Rausch von Millionen, der für einen Augenblick dem größten Verbrechen unserer Zeit einen wilden und fast hinreißenden Schwung gab.
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#21 von illuminati , 02.08.2012 09:32

Eine Vergleich

Zitat
Die Generation von heute, die nur den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs mitangesehen, fragt sich vielleicht: warum haben wir das nicht erlebt? Warum loderten 1939 die Massen nicht mehr in gleicher Begeisterung auf wie 1914? Warum gehorchten sie dem Anruf nur ernst und entschlossen, schweigsam und fatalistisch? Galt es nicht dasselbe, ging es eigentlich nicht noch um mehr, um Heiligeres, um Höheres in diesem unserem gegenwärtigen Kriege, der ein Krieg der Ideen war und nicht bloß einer um Grenzen und Kolonien? Die Antwort ist einfach: weil unsere Welt von 1939 nicht mehr über so viel kindlich-naive Gläubigkeit verfügte wie jene von 1914. Damals vertraute das Volk noch unbedenklich seinen Autoritäten; niemand in Österreich hätte den Gedanken gewagt, der allverehrte Landesvater Kaiser Franz Joseph hätte in seinem vierundachtzigsten Jahr sein Volk zum Kampf aufgerufen ohne äußerste Nötigung, er hätte das Blutopfer gefordert, wenn nicht böse, tückische, verbrecherische Gegner den Frieden des Reichs bedrohten. Die Deutschen wiederum hatten die Telegramme ihres Kaisers an den Zaren gelesen, in denen er um den Frieden kämpfte; ein gewaltiger Respekt vor den ›Oberen‹, vor den Ministern, vor den Diplomaten und vor ihrer Einsicht, ihrer Ehrlichkeit beseelte noch den einfachen Mann. Wenn es zum Kriege gekommen war, dann konnte es nur gegen den Willen ihrer eigenen Staatsmänner geschehen sein; sie selbst konnten keine Schuld haben, niemand im ganzen Lande hatte die geringste Schuld. Also mußten drüben im anderen Lande die Verbrecher, die Kriegstreiber sein; es war Notwehr, daß man zur Waffe griff, Notwehr gegen einen schurkischen und tückischen Feind, der ohne den geringsten Grund das friedliche Österreich und Deutschland ›überfiel‹. 1939 dagegen war dieser fast religiöse Glaube an die Ehrlichkeit oder zumindest an die Fähigkeit der eigenen Regierung in ganz Europa schon geschwunden. Man verachtete die Diplomatie, seit man erbittert gesehen, wie sie in Versailles die Möglichkeit eines dauernden Friedens verraten; die Völker erinnerten sich zu deutlich, wie schamlos man sie um die Versprechungen der Abrüstung, der Abschaffung der Geheimdiplomatie betrogen. Im Grunde hatte man 1939 vor keinem einzigen der Staatsmänner Respekt, und niemand vertraute ihnen gläubig sein Schicksal an. Der kleinste französische Straßenarbeiter spottete über Daladier, in England war seit München – ›peace for our time!‹ – jedes Vertrauen in die Weitsicht Chamberlains geschwunden, in Italien, in Deutschland sahen die Massen voll Angst auf Mussolini und Hitler: wohin wird er uns wieder treiben? Freilich, man konnte sich nicht wehren, es ging um das Vaterland: so nahmen die Soldaten das Gewehr, so ließen die Frauen ihre Kinder ziehen, aber nicht mehr wie einst in dem unverbrüchlichen Glauben, das Opfer sei unvermeidlich gewesen. Man gehorchte, aber man jubelte nicht. Man ging an die Front, aber man träumte nicht mehr, ein Held zu sein; schon fühlten die Völker und die einzelnen, daß sie nur Opfer waren entweder irdischer, politischer Torheit oder einer unfaßbaren und böswilligen Schicksalsgewalt.
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RE: Zurück in die Zukunft - oder doch nur ein Déjà-vu ?

#22 von Somprit , 02.08.2012 09:33

... nun werter @illuminati, bei allem Verständnis Deiner Sicht, was Du hier reinstellst, ist äußerst schwer (aufgrund der Formatierung) zu lesen, strengt die Augen zu sehr an um in der entsprechenden Zeile zu bleiben....ermüdet...

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RE: Zurück in die Zukunft - oder doch nur ein Déjà-vu ?

#23 von illuminati , 02.08.2012 09:55

Zitat von Somprit
... nun werter @illuminati, bei allem Verständnis Deiner Sicht, was Du hier reinstellst, ist äußerst schwer (aufgrund der Formatierung) zu lesen, strengt die Augen zu sehr an um in der entsprechenden Zeile zu bleiben....ermüdet...



im Browser kann man ganz leicht Zoomen - im Firefox unter Ansicht->Zoom man kann sich dort auch Bottons in die Leiste setzten mit +,- vergössern, verkleinern, so etwas gibt es in jedem Browser damit kann ein fast Blinder sogar sehr komfortabel lesen

also die Formatierung dürfte keine Schwierigkeit darstellen ... die Texte sind nicht jedermanns Sache ist auch klar, für die wenigen anderen vielleicht auch niemanden könnte es einen neuen Blickwinkel auf die heutige Zeit ermöglichen

 
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RE: Zurück in die Zukunft - oder doch nur ein Déjà-vu ?

#24 von illuminati , 02.08.2012 10:08

Der Unterschied zwischen Wunsch und Wirklichkeit bekommt erste Konturen

Zitat
Sie sahen ihn immer noch aus der Perspektive der Schullesebücher und der Bilder in den Galerien: blendende Reiterattacken in blitzblanken Uniformen, der tödliche Schuß jeweils großmütig mitten durchs Herz, der ganze Feldzug ein schmetternder Siegesmarsch – »Weihnachten sind wir wieder zu Hause«, riefen im August 1914 die Rekruten lachend den Müttern zu. Wer in Dorf und Stadt erinnerte sich noch an den ›wirklichen‹ Krieg? Bestenfalls ein paar Greise, die 1866, gegen Preußen, den Bundesgenossen von diesmal, gekämpft, und was für ein geschwinder, unblutiger, ferner Krieg war das gewesen, ein Feldzug von drei Wochen und ohne viel Opfer zu Ende, ehe man erst Atem geholt! Ein rascher Ausflug ins Romantische, ein wildes und männliches Abenteuer – so malte sich der Krieg 1914 in der Vorstellung des einfachen Mannes, und die jungen Menschen hatten sogar ehrliche Angst, sie könnten das Wundervoll-Erregende in ihrem Leben versäumen; deshalb drängten sie ungestüm zu den Fahnen, deshalb jubelten und sangen sie in den Zügen, die sie zur Schlachtbank führten, wild und fiebernd strömte die rote Blutwelle durch die Adern des ganzen Reichs. Die Generation von 1939 aber kannte den Krieg. Sie täuschte sich nicht mehr. Sie wußte, daß er nicht romantisch war, sondern barbarisch. Sie wußte, daß er Jahre und Jahre dauern würde, unersetzliche Spanne des Lebens. Sie wußte, daß man nicht mit Eichenlaub und bunten Bändern geschmückt dem Feind entgegenstürmte, sondern verlaust und halb verdurstet wochenlang in Gräben und Quartieren lungerte, daß man zerschmettert und verstümmelt wurde aus der Ferne, ohne dem Gegner je ins Auge gesehen zu haben. Man kannte im voraus aus den Zeitungen, aus den Kinos die neuen technisch-teuflischen Vernichtungskünste, man wußte, daß die riesigen Tanks auf ihrem Weg den Verwundeten zermalmten und die Aeroplane Frauen und Kinder in ihren Betten zerschmetterten, man wußte, daß ein Weltkrieg 1939 dank seiner seelenlosen Maschinisierung tausendmal gemeiner, bestialischer, unmenschlicher sein würde als alle früheren Kriege der Menschheit. Kein einziger der Generation von 1939 glaubte mehr an eine von Gott gewollte Gerechtigkeit des Krieges, und schlimmer: man glaubte nicht einmal mehr an die Gerechtigkeit und Dauerhaftigkeit des Friedens, den er erkämpfen sollte. Denn man erinnerte sich zu deutlich noch an alle die Enttäuschungen, die der letzte gebracht: Verelendung statt Bereicherung, Verbitterung statt Befriedigung, Hungersnot, Geldentwertung, Revolten, Verlust der bürgerlichen Freiheit, Versklavung an den Staat, eine nervenzerstörende Unsicherheit, das Mißtrauen aller gegen alle. Das schuf den Unterschied. Der Krieg von 1939 hatte einen geistigen Sinn, es ging um die Freiheit, um die Bewahrung eines moralischen Guts; und um einen Sinn zu kämpfen, macht den Menschen hart und entschlossen. Der Krieg von 1914 dagegen wußte nichts von den Wirklichkeiten, er diente noch einem Wahn, dem Traum einer besseren, einer gerechten und friedlichen Welt. Und nur der Wahn, nicht das Wissen macht glücklich. Darum gingen, darum jubelten damals die Opfer trunken der Schlachtbank entgegen, mit Blumen bekränzt und mit Eichenlaub auf den Helmen, und die Straßen dröhnten und leuchteten wie bei einem Fest.
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Die Welt von Gestern: Erinnerungen eines Europäers (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) (Stefan Zweig)



Zitat
Feierlich verschworen sich die Schriftsteller, nie mehr mit einem Franzosen, nie mehr mit einem Engländer Kulturgemeinschaft haben zu wollen, ja mehr noch: sie leugneten über Nacht, daß es je eine englische, eine französische Kultur gegeben habe. All das sei gering und wertlos gegenüber deutschem Wesen, deutscher Kunst und deutscher Art. Noch ärger trieben es die Gelehrten. Die Philosophen wußten plötzlich keine andere Weisheit, als den Krieg zu einem ›Stahlbad‹ zu erklären, das wohltätig die Kräfte der Völker vor Erschlaffung bewahre. Ihnen zur Seite traten die Ärzte, die ihre Prothesen derart überschwenglich priesen, daß man beinahe Lust hatte, sich ein Bein amputieren zu lassen, um das gesunde durch solch ein künstliches Gestell zu ersetzen. Die Priester aller Konfessionen wollten gleichfalls nicht zurückbleiben und stimmten ein in den Chor; manchmal war es, als hörte man eine Horde Besessener toben, und all diese Männer waren doch dieselben, deren Vernunft, deren formende Kraft, deren menschliche Haltung wir vor einer Woche, vor einem Monat noch bewundert. Das Erschütterndste an diesem Wahnsinn aber war, daß die meisten dieser Menschen ehrlich waren.
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Fast alle Bildungsbürger laufen zur Hochform auf, da zeigt sich was gute staatliche Bildung alles zu leisten vermag .....

Fortsetzung folgt ....

 
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RE: Zurück in die Zukunft - oder doch nur ein Déjà-vu ?

#25 von rampo , 02.08.2012 12:14

illuminati
das past schon , zuminder fuer und Aelteren das Alzheimer nicht so schnell zuschlaegt.
Und fuer die Juengeren was sie vieleicht noch erwartet.
Fg.
Ps .Hast du deine Baeumchen auch richtig angebunden gegen Sturm und Wind.

 
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RE: Zurück in die Zukunft - oder doch nur ein Déjà-vu ?

#26 von illuminati , 02.08.2012 14:39

Zitat von rampo

Ps .Hast du deine Baeumchen auch richtig angebunden gegen Sturm und Wind.



noch nicht die sind erst gepflanzt worden - hacken und Unkraut beseitigen ist angesagt - die Würgeschlingpflanzen wachsen derzeit so schnell, denen darf man nicht den Rücken zudrehen, sonst haben sie den Setzling umwickelt. Bei mehr als 1600 Bäumen alleine nicht zu bewältigen, mehr wie 3 std. tgl. arbeite ich auch nicht - es geht mehr darum bei diesem Klima fit zu bleiben und die Arbeitsleistung beurteilen zu können, die hier erbracht wird. Wie immer ist der Unterschied zwischen zuschauen und Schreibtischwissen und selber machen gewaltig - da hat selbst der Alzheimer keine Lust sich auszubreiten, das Schlingengewächs lässt sich davon nicht beeindrucken.
Heute ist Pause - regnet immer wieder, vielleicht ein Kurzeinsatz heute Abend
Gruss

 
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RE: Zurück in die Zukunft - oder doch nur ein Déjà-vu ?

#27 von Allgeier , 03.08.2012 07:19

Zitat von illuminati
Deutschland sahen die Massen voll Angst auf Mussolini und Hitler: wohin wird er uns wieder treiben?



War es denn wirklich so?

 
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RE: Zurück in die Zukunft - oder doch nur ein Déjà-vu ?

#28 von Somprit , 03.08.2012 07:54

...@Allgeier warum diese halbherzige Frage (!?)...Nein, so war es nämlich nicht, "die Masse" setzte ihre Hoffnung auf diese teuflischen Gestalten

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RE: Zurück in die Zukunft - oder doch nur ein Déjà-vu ?

#29 von illuminati , 03.08.2012 08:36

Zitat von Allgeier

War es denn wirklich so?



ich war nicht dabei - meine Informationen sind immer aus 2. Hand. Stefan Zweig ist ein Autor der im forderen Feld der 100 bekanntesten Schriftsteller weltweit plaziert ist. Das alleine sagt noch nichts aus. Für mich persönlich, wenn ich mehr über diese Zeit erfahren will und mir Geschichtsbücher aus dem staatl. verwalteten Lehrbetrieb anschaue und einen Autor zur Verfügung habe der dieses Zeitepoche erlebt hat und beschreibt, dann ist für mich klar, wen ich für glaubhafter halte, besonders wenn die Darstellungen sich teilweise diametral gegenüberstehen.

Was auch noch interessant ist an dem Autor, dass die ganze Hologeschichtsschreibung in der bekannten Form bei ihm nicht zu finden ist (bei ihm ist das alles differenzierter - aber darauf gehe ich nicht ein) - obwohl er fast ein Zeitzeuge ist - Suizid 1942 und dem Judentum entstammt - seine Bücher waren mit die meistverkauftesten in Europa vor der NS-Zeit und dort auf dem Index.

Aber wir sind ja auch noch nicht am Ende .... die Passagen die ich für kommende Paralelen mit der jetztigen Zeitepoche für wichtig halte kommen alle erst noch. Es ist aber um solche Entwicklungen besser verstehen zu können wichtig, das damalige Lebens/Zeitgefühl kennen zu lernen.
Gruss

 
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RE: Zurück in die Zukunft - oder doch nur ein Déjà-vu ?

#30 von illuminati , 03.08.2012 08:48

Beschreibungen des Kriegsgeschehen lasse ich bewusst aus .....

I

Zitat
ch saß jetzt fast ein Jahr festgeankert in diesem Büro, und in einer unsichtbaren Ferne ging das ›Eigentliche‹, das Wirkliche, das Grausige des Krieges vor sich. Gelegenheit, an die Front zu fahren, war mir mehrmals geboten worden, dreimal hatten mich große Zeitungen ersucht, als ihr Berichterstatter zur Armee zu gehen. Aber jede Art Schilderung hätte die Verpflichtung mit sich gebracht, den Krieg in einem ausschließlich positiven und patriotischen Sinne darzustellen, und ich hatte mir geschworen – ein Eid, den ich auch 1940 gehalten habe –, niemals ein Wort zu schreiben, das den Krieg bejahte oder eine andere Nation herabsetzte. Nun ergab sich zufällig eine Gelegenheit. Die große österreichisch-deutsche Offensive hatte im Frühjahr 1915 bei Tarnow die russische Linie durchbrochen und Galizien und Polen in einem einzigen konzentrischen Vorstoß erobert. Das Kriegsarchiv wollte nun für seine Bibliothek die Originale all der russischen Proklamationen und Anschläge im besetzten österreichischen Gebiet sammeln, ehe sie heruntergerissen oder sonst vernichtet wurden. Der Oberst, der meine Sammlertechnik zufällig kannte, fragte mich an, ob ich das besorgen wollte; ich griff selbstverständlich sofort zu, und mir wurde ein Passepartout ausgestellt, so daß ich, ohne von einer besonderen Behörde abhängig zu sein und ohne irgendeinem Amt oder Vorgesetzten direkt zu unterstehen, mit jedem Militärzug reisen und mich frei bewegen konnte, wohin ich wollte, was dann zu den sonderbarsten Zwischenfällen führte: ich war nämlich nicht Offizier, sondern nur Titularfeldwebel und trug eine Uniform ohne besondere Abzeichen. Wenn ich mein geheimnisvolles Dokument vorzeigte, erweckte dies einen besonderen Respekt, denn die Offiziere an der Front und die Beamten vermuteten, daß ich irgendein verkleideter Generalstabsoffizier sein müsse oder sonst einen mysteriösen Auftrag habe. Da ich auch die Offiziersmessen vermied und nur in Hotels abstieg, gewann ich überdies den Vorzug, außerhalb der großen Maschinerie zu stehen und ohne jede ›Führung‹ sehen zu können, was ich sehen wollte. Der eigentliche Auftrag, die Proklamationen zu sammeln, beschwerte mich nicht sehr. Jedesmal, wenn ich in eine jener galizischen Städte kam, nach Tarnow, nach Drohobycz, nach Lemberg, standen dort am Bahnhof einige Juden, sogenannte ›Faktoren‹, deren Beruf es war, alles zu besorgen, was immer man haben wollte; es genügte, daß ich einem dieser Universalpraktiker sagte, ich wünschte die Proklamationen und Anschläge der russischen Okkupation, und der Faktor lief wie ein Wiesel und vermittelte den Auftrag auf geheimnisvollem Wege weiter an Dutzende von Unterfaktoren; nach drei Stunden hatte ich, ohne selbst einen Schritt gegangen zu sein, das Material in der denkbar schönsten Komplettheit beisammen. Dank dieser vorbildlichen Organisation blieb mir Zeit, viel zu sehen, und ich sah viel. Ich sah vor allem das furchtbare Elend der Zivilbevölkerung, über deren Augen das Grauen über das Erlebte noch wie ein Schatten lag. Ich sah das nie geahnte Elend der jüdischen Ghettobevölkerung, die zu acht, zu zwölft in ebenerdigen oder unterirdischen Zimmern wohnte. Und ich sah zum erstenmal den ›Feind‹. In Tarnow stieß ich auf den ersten Gefangenentransport russischer Soldaten. Sie saßen eingezäunt in einem großen Viereck auf der Erde, rauchten und schwätzten, von zwei oder drei Dutzend älteren, meist bärtigen Tiroler Landsturmsoldaten bewacht, die ebenso abgerissen und verwahrlost waren wie die Gefangenen und sehr wenig den schmucken, wohlrasierten, blank uniformierten Soldaten glichen, wie sie bei uns zu Hause in den illustrierten Zeitungen abgebildet waren. Aber diese Bewachung hatte nicht den geringsten martialischen oder drakonischen Charakter. Die Gefangenen zeigten keine wie immer geartete Neigung, zu entfliehen, die österreichischen Landsturmleute keineswegs den Wunsch, die Bewachung streng zu nehmen. Sie saßen kameradschaftlich mit den Gefangenen zusammen, und gerade daß sie sich in ihren Sprachen nicht verständigen konnten, machte beiden Seiten außerordentlichen Spaß. Man tauschte Zigaretten aus, lachte sich an. Ein Tiroler Landsturmmann holte gerade aus einer sehr alten und schmutzigen Brieftasche die Photographien seiner Frau und seiner Kinder und zeigte sie den ›Feinden‹, die sie einer nach dem anderen bewunderten und mit den Fingern fragten, ob dieses Kind drei Jahre alt sei oder vier. Unwiderstehlich hatte ich das Gefühl, daß diese primitiven, einfachen Menschen den Krieg viel richtiger empfanden als unsere Universitätsprofessoren und Dichter: nämlich als ein Unglück, das über sie gekommen war und für das sie nichts konnten, und daß eben jeder, der in dieses Malheur geraten war, eine Art Bruder sei.
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