RE: Abenteuer in Thailand-auf der Suche nach Nong

#16 von MadMovie , 21.11.2009 04:22

Fortsetzung Kapitel 13[/size]

Bernd schüttete sich eiskaltes Wasser ins Gesicht und betrachtete das stoppelbärtige Gespenst im Spiegel.

Er hatte schon lange nicht mehr mit Russen gezecht, aber es endete jedes Mal in einer Katastrophe.

Er hatte einen Kopf wie ein Bahnwärterhäuschen in dem sich ein Bienenschwarm eingenistet hatte.

Bernd hatte gerade sein Kinn eingeschäumt, da wurde die Tür aufgerissen und ein blendend aufgelegter Grigorij stürmte herein.

“Dobroje utro!*” brüllte er und Bernd zuckte zusammen.

“Habt ihr mir gestern Fusel aus einer anderen Flasche eingeschenkt?” knurrte er seinen Gastgeber an.

“Willst du mich beleidigen? Erstklassige Importware, ich lasse den extra aus Moskau einfliegen! Aber ich kann mich daran erinnern, dass du damals schon unsere klare reine Medizin, das Wässerchen ohne jede Nebenwirkungen nicht vertragen hast!”

Bernd nahm sich vor, die Russen bei nächster Gelegenheit mit Maekhong Whisky zu vergiften, aber noch brauchte er sie.

Nach der Rasur warf er sich erschöpft in einen Rattansessel und Grogorij reichte ihm ein Glas Wasser, damit Bernd die zwei Aspirin aus der Reiseapotheke herunter würgen konnte.

“Was hast du heraus gefunden?” brummte er lustlos.

“Da es unmöglich ist, Leute in die Untergrundorganisationen einzuschleusen, blieb nur der Weg, mit einer irrsinnigen Bestechungssumme jemanden zu kaufen. Und glaube mir, Bernd Walterowitsch, es ist gar nicht so einfach, einen Thai zu finden, der die Wahrheit sagt und nicht wegen des Geldes erfundene Geschichten auftischt, die der Farang gerne hören würde...”

“Mach’s kurz, Grogorij Alexandrowitsch, mein Kopf!” stöhnte Bernd.

“Mein Informant sagt, Leute von Potaram aus Bangkok...”

“Das wussten wir schon”, unterbrach ihn Bernd.

“Angeführt von dem ehemaligen Armeeoffizier Pairat.”

Bernd winkte nur ab und nahm einen Schluck Wasser.

“Das Beste kommt noch, alter Freund! Wir kennen sogar den Unterschlupf, den sie nutzen!”

“Das hilft uns alles nichts weiter, so lange wir nicht wissen, ob sie das Täubchen wieder eingefangen haben”, murmelte Bernd.

* * *

Nong war unter dem Boot hinweg getaucht und blieb so lange es ging unter Wasser.

Aber jetzt brannte ihre Lunge und sie musste auftauchen.

Kein Schuss peitschte die Wellen, nirgendwo ein Motorboot, das Jagd auf sie machte!

Sie sog gierig die salzige Luft in sich hinein und tauchte wieder ab.

Nach ein paar Metern stieß Nong gegen ein anderes Boot.

Sie tauchte auf mit der Hoffnung, es würden Fremde sein, die sie verstecken würden.

Zwei Thais in zerrissener Kleidung machten ihr Handzeichen, die Nong nicht verstand.

Sie wollte an Bord gezogen werden, weil es, dem Geruch nach zu urteilen, ein Fischkutter war.

Vier hilfreiche Arme reckten sich ihr nun doch entgegen und hievten sie an Deck.

Nong war erleichtert.

Sie wollte vorsichtig über die Bordwand schauen, wie weit entfernt sie von den Motorbooten der Verfolger war, da wurde sie mit einer Fußspitze angetippt und Pairat baute sich höhnisch grinsend vor ihr auf.

* * *

Es war nur eine flüchtige Bewegung, als Peter wie zufällig Wans schmale Hand streifte, aber beide spürten das Knistern.

Wan war irritiert.

Dieser große, blonde sympathische Farang umsorgte sie, als wäre nicht Nong, sondern sie seine Freundin.

Sie saßen in einem Restaurant des Don Muang Domestic Airports und warteten auf den Inlandflug nach Phuket.

Peter war sich in diesem Moment gar mehr so sicher, ob er überhaupt weiter nach Nong suchen sollte.

Bernd hatte vermutlich das Handy abgeschaltet, er war nicht zu erreichen.

Nong und Bernd, zwei im Moment weit entfernte Phantome, aber Wan hier war sehr real. Peter lächelte sie an.

Und Wan lächelte über den Tisch zurück.

Peter konnte nach der kurzen Zeit noch nicht wissen, wie viele Nuancen so ein thailändisches Lächeln hatte und noch dazu von einer Frau kam.

In diesem Fall bedeutete es:
Da darfst gern den Kavalier spielen, aber mehr nicht!

* * *

Bernd bewunderte den goldenen Buddha am Fels in der Nähe des Wat Yangsangwararam.

Ausgerechnet hier in dieser Hügellandschaft südlich von Pattaya sollte Pairat einen Unterschlupf nutzen?

Wozu dieser Aufwand, wenn die Bande doch jederzeit nach Bangkok zurück kehren konnte, das nur zweieinhalb Stunden entfernt war?

Er verließ sich auf das Gespür von Grigorij, der mindestens ebenso gewieft war wie er selbst.

“Ich habe keine Lust, meine Männer in einer sinnlosen Schießerei mit Bangkoker Profis zu verheizen”, knurrte Grigorij.

Während Bernd seine leichte Alkoholvergiftung überwunden und die gute Laune wieder gefunden hatte, ließ ihn der russische Freund seinen Frust spüren.

“Was springt für mich dabei heraus? Warum soll ich dir eigentlich helfen?”

“Ich helfe deinem Gedächtnis gern auf die Sprünge”, sagte Bernd seelenruhig.
“1985, West-Berlin. Du hättest dich auch in einem Verhörraum der CIA wieder finden können.”

“Danke, dass du mich daran erinnert hast, alter Freund.”

“Ich möchte auch kein Blutbad, Grigorij Alexandrowitsch.”

Bernd nahm das Fernglas und sah, wie zwei Bewacher gelangweilt im Schatten dösten.

Sie wurden betäubt, ohne das Bernd erkennen konnte, wie das passierte, gefesselt und in das flache, unscheinbare Gebäude getragen, welches Pairat angeblich als Quartier nutzen sollte.

Es waren nur wenige Sekunden vergangen.

Bernd schaute auf die Uhr.

“Alte KGB-Schule?”

“Nein“, sagte Grigorij. “Speziell die Zwei gehörten zu den Truppen des Innenministeriums und haben in Tschetschenien so viel Schei... erlebt, dass sie es vorzogen, meinem Ruf ins sonnige Pattaya zu folgen.”

Grigorijs Handy vibrierte in der Brusttasche, er klappte es auf und sagte immer wieder “Da!**”

“Sie kommen und dein Vögelchen haben sie auch dabei!” triumphierte er.

* * *

Pairat war wütend, weil er sich zu einer Entscheidung durch ringen musste.

Von seiner Unentschlossenheit durften seine Männer nichts mit bekommen, er musste unbedingt weiter seine Rolle als entschlossener Führer spielen.

Leidtragende war in diesem Fall Nong.

Pairat spielte mit einer flachen, kurzen Holzlatte und schlug diese ohne Vorwarnung auf Nongs linke Hand.

Der Schmerz war so stark, dass Nong die Luft weg blieb, um zu schreien.

Ihr schossen Tränen in die Augen und sie wurde blass.

Sie versuchte die Hand zu bewegen, aber es gelang ihr nicht, sie war wie betäubt.

Pairat beugte sich herab und flüsterte ihr ins Ohr:
“Das war erst der Anfang! Meine Männer würden gern ein wenig Spass mit dir haben!”

Nong wagte sich nicht auszumalen, was diese Männer unter “Spass” verstanden.

“Es sei denn, meine Liebe, du erzählst mir, was du alles hier und in Jöremanie über uns heraus gefunden hast!”

“Ich habe in der kurzen Zeit nichts heraus finden können”, flüsterte sie mit erstickter Stimme.

Nong wusste, das war ihr Todesurteil!

Wo waren ihr Bruder und ihr Vater, wo waren Peter und Bernd?

Für Pairat gab es jetzt drei Möglichkeiten:

Liquidation der Geisel wie befohlen, Überführung nach Bangkok und Lösegeldforderung oder das, was Chakri vorhatte:
Übergabe der Geisel an die Moslem-Rebellen im Süden, um Druck auf General Pittayarat ausüben zu können und Potaram über die Affäre stürzen zu lassen.

Pairat war bisher seinem Chef immer treu ergeben gewesen, aber andererseits reizten ihn die Optionen, die er hatte.

“Wir bringen sie ins Quartier!” befahl er.

* * *

Bernd machte sich keine Illusionen.

Selbst wenn zwei ehemalige, erfahrene Geheimdienstoffiziere die Operation leiteten und ihnen Männer zur Verfügung standen, die in Tschetschenien und Afghanistan in Eliteeinheiten gekämpft hatten, konnte dennoch vieles schief gehen.

Er entschied sich, nicht herein zu reden und verließ die Hügelkuppe, um sich wie die anderen im Flachbau zu verstecken.

Pairat war durch seine Gedankengänge abgelenkt, ansonsten hätte ihm auffallen müssen, dass die Posten, die er zurück gelassen hatte, nicht vor dem Eingang standen.

Bernd durchzuckte für einen Augenblick der Gedanke, dass Russen manchmal mit brachialer Gewalt vorgingen, um eine Geiselnahme zu beenden, wie in einer Schule im Nord-Kaukasus geschehen.

Dann ging alles ganz schnell.

Pairat und seine Männer stießen Nong in die Mitte des Raumes.

Zwei Blendgranaten wurden geworfen und Nong reagierte instinktiv richtig.
Sie warf sich zu Boden und presste das Gesicht gegen die Unterarme.

Nur einem von Pairats Männern gelang es, eine Schusswaffe abzufeuern und traf eine nackte Glühbirne, die an der Decke baumelte.

Die Angegriffenen kamen gar nicht dazu, asiatische Nahkampftechniken einzusetzen, so schnell wurden sie überwältigt.

Bernd wollte gerade seinem russischen Freund anerkennend auf die Schulter klopfen, hielt aber mitten in der Bewegung inne.

“Der Anführer fehlt”, sagte Grigorij und bellte einen Befehl auf Russisch.

“Und Nong”, knurrte Bernd.


[size=75]* Guten Morgen!
** Ja

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RE: Abenteuer in Thailand-auf der Suche nach Nong

#17 von MadMovie , 22.11.2009 02:38

Kapitel 14
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Peter wollte unbeschwerte Ferientage auf Phuket verbringen, aber es gelang ihm nicht.

Immer wieder gingen seine Gedanken zu Nong und Bernd.

Vielleicht war es auch völlig unnötig, sich Sorgen zu machen.

Gut möglich, dass Nong zu Hause bei ihrer Mutter auf der Matte hockte und Bernd mit harten Drinks und leichten Mädchen in Pattaya einen drauf machte und dabei vergessen hatte, das Handy aufzuladen.

Worum also sich selbst die Urlaubsstimmung vermiesen?

Außerdem war Nong nach der kurzen Zeit der Bekanntschaft weder seine feste Freundin noch seine Braut und er hatte Geschmack an der thailändischen Damenwelt gewonnen.

Auch wenn Wan Distanz wahrte.

Er wartete jetzt schon eine Stunde in diesem Restaurant, das nur durch die Uferstrasse vom Patong Beach getrennt war.

Wan kam mit einer Freundin im Schlepptau an, und beide tuschelten angeregt miteinander.

Die Freundin hatte fast europäisch wirkende Gesichtszüge und langes, glattes braunes Haar.

“Das ist Lek”, sagte Wan. Peter verbeugte sich und stellte sich selbst vor.

Während Wan beim herbei geeilten Kellner Kaffee und Wasser bestellte, kramte Peter Nong’s Handy hervor, wählte im Telefonbuch den entsprechenden Namen und stellte die Verbindung her.

Fast augenblicklich klingelte es in der Handtasche von Lek.

Sie klappte das Handy auf und sagte fröhlich “Sawadee khaa!”

“Lek aus Bangkok?” kam die Frage von der anderen Seite des Tisches.

Lek machte das Spiel weiter mit und antwortete:

“Ja. Ich habe zwei Wohnungen, eine hier und eine in Bangkok!”

In Peter keimte ein Verdacht.

* * *

Über die Hügelkuppe kam einer von Grigorijs Männern gehumpelt und er wurde von einem wütenden Wortschwall empfangen:

“Ihr Idioten, ihr habt den Anführer entkommen lassen! Du solltest dein Glück als Holzfäller in Sibirien versuchen, aber selbst dazu bist du zu blöde!”

Bernd fragte den leicht Verletzten freundlich, ob er die junge Frau irgendwo gesehen hätte.

Der Russe zeigte nur stumm mit dem Daumen über die Schulter.

Sein Kamerad hielt eine Wildkatze umklammert, die sich mit Kratzen und Beißen zu befreien versuchte.

Grigorij gab seinem Mann ein Zeichen und dieser ließ erleichtert die Amazone laufen.

Nong wollte schon wieder den Weg über die Hügelkuppe nehmen, da sah sie im letzten Moment Bernd baa und rannte hangabwärts direkt in seine Arme.

Zum Glück wog Bernd mehr als 90 Kilogramm und hielt dem Aufprall mühelos stand.

In Nong löste sich jetzt die Anspannung der letzten Tage und sie gab Bernd einen Kuss auf die Wange.

“Wo ist Peter?” fragte sie irritiert.

“Er sucht dich auf Phuket.”

Nong zog die Stupsnase kraus.

“Und diese Männer hier? Russische Mafia? Merkwürdige Freunde hast du!”

“Vergiss nicht, diese merkwürdigen Freunde haben dich befreit, Schätzchen!”

Dann sah er ihre geschwollene linke Hand und fragte gar nicht erst nach, ob Unfall oder Gewalteinwirkung von Thais oder Russen.

“Du musst zum Arzt, Nong!”

Sie folgten dem Pfad zu den versteckten Autos.

Grigorij fragte seinen Kumpel auf Russisch:

“Was wird mit den Männern in der Baracke?”

“Die lassen wir von der Thai Police einsammeln”, antwortete Bernd.

Nach nur zwei Kilometern auf der Landstrasse kam ihnen ein Hubschrauber entgegen, der zunächst eine scharfe Kurve flog und dann direkt auf den kleinen Konvoi zubrauste.

Der ehemalige russische Soldat neben Bernd steckte seelenruhig eine kleine, handliche israelische Maschinenpistole zusammen, bereit, die Kanzel zu durchsieben.

“Njet!” rief Bernd und drückte den Lauf nach unten.

Er ahnte, wer da im Helikopter saß.

Wie aus dem Nichts tauchten zwei Jeeps vor ihnen auf und riegelten die Strasse ab.

“Prokljataja fignja!” * fluchte Grigorij.


[size=75]* Verfluchte Schei...!

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RE: Abenteuer in Thailand-auf der Suche nach Nong

#18 von MadMovie , 23.11.2009 06:26

Fortsetzung Kapitel 14[/size]

Khun Potaram saß vergnügt auf der Dachterrasse des The Dome State Tower und speiste mit Geschäftsfreunden.

Ganz Bangkok lag ihm zu Füßen.

Gerade war er gefragt worden, ob er nicht selbst Lust hätte, in die Politik einzusteigen.

Potaram fühlte sich geschmeichelt.

Da meldete sich sein Handy. Potaram entschuldigte sich und verließ den Tisch in Richtung des Kücheneingangs.

Die Miene des Industriemagnaten verfinsterte sich zusehends.

Es gab alarmierende Nachrichten aus Pattaya.

Sein Mann für besondere Fälle, Pairat, hatte jämmerlich versagt.

Potaram konnte sich keinen Skandal leisten.

Wenn man ihn rechtzeitig informiert hätte, dann wäre diese blöde Entführung gar nicht passiert!

Und es gab immer mehr Mitwisser.

Potaram beförderte per Telefonanruf seinen Schwager, der lange Zeit im Ausland gelebt hatte, zum Chef des Schattenreiches und erteilte ihm den Auftrag, einen Profikiller zu engagieren.

Näheres würde man dann morgen besprechen.

* * *

Der Hubschrauber landete direkt neben der Strasse und wirbelte Staub und Blätter auf.

Kaum hatten die Kufen den Boden berührt, sprang Udai aus der Luke und hielt die Schirmmütze fest.

Bernd eilte ihm entgegen.

Jetzt kam es wieder einmal auf sein diplomatisches Geschick an.

Bernd lagen allerlei giftige Bemerkungen auf der Zunge, denn es war offensichtlich, dass er die Dreckarbeit gemacht hatte und Udai jetzt den Ruhm ernten wollte.

Bernd unterdrückte die Regung, seinem Ärger freien Lauf zu lassen.

Er war hier in Thailand, und es kam darauf an, dass niemand , vor allem nicht Udai, das Gesicht verlor.

Udai schüttelte ihm nach europäischer Sitte die Hand und sagte:

“Vielen Dank, Bernd! Ich bin nur Ausbilder an einer Polizeischule und habe hier keine Befehlsgewalt.”

Nong ging auf ihren Bruder zu und begrüßte ihn eher zurück haltend.

Der Einsatzleiter der thailändischen Polizei ging mit vorgehaltener Waffe auf Grigorij zu.

“Unerlaubter Waffenbesitz, Drogenhandel, Erpressung - da kommt einiges zusammen, Khun Wassiljew!”

Ehe Bernd eingreifen konnte, hatte Grigorij die Sache im Griff.

“Freier Abzug für uns und im Gegenzug dafür vier Gangster, die in Bangkok einiges auf dem Kerbholz haben dürften. Einfach die Strasse zwei Kilometer weiter, dann rechts abbiegen, bis sie zu einer Baracke kommen!”

Grigorij hatte fast akzentfreies Englisch gesprochen und verzog sein Gesicht zu einem Grinsen.

Der Einsatzleiter dachte angestrengt nach.

Nun hatte er endlich einen der gesuchten Bosse der russischen Mafia und sollte ihn laufen lassen?

Er blickte verunsichert zu Udai.

Dieser Offizier war zwar jünger und kam aus Bangkok, hatte aber den höheren Dienstrang.

Bernd flüsterte Udai etwas ins Ohr und dieser nickte zustimmend.

Dann hielt Nong’s Bruder eine kleine Ansprache:

“Diese Männer hier haben heute meine Schwester befreit und wir sind ihnen zu Dank verpflichtet. Dabei kamen Schusswaffen zum Einsatz, die diese Männer gar nicht besitzen dürften. Wir müssen sie also darum bitten, die Waffen abzugeben und illegale Aktivitäten in der Provinz Chon Buri künftig zu unterlassen!”

Grigorij Alexandrowitsch Wassiljew fügte sich mit mürrischer Miene diesem Kompromiss und gab den Befehl, die Waffen abzugeben.

Er hatte noch zwei gutbestückte Waffenlager nordöstlich von hier.

Bernd verabschiedete sich von seinem Kumpel aus den Zeiten des kalten Krieges.

“Noch einen schönen Urlaub, Bernd Walterowitsch! Der Polizeichef der Provinz braucht sicher ein neues Auto und wir neue Visa. Ich werde mich eine Weile nur um mein kleines Reisebüro in Pattaya kümmern”, lachte er und klopfte Bernd auf die Schulter.

Dann umarmte er ihn nach russischer Sitte.

“Mach’s gut, alter Freund!”

Bernd und Udai halfen Nong dabei, in den Hubschrauber einzusteigen.

In Bangkok würde man ihre Hand röntgen.


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RE: Abenteuer in Thailand-auf der Suche nach Nong

#19 von MadMovie , 24.11.2009 05:45

Kapitel 15[/size]

Ian McCormick war ein schweigsamer Mensch, das brachte sein Beruf so mit sich.

Im Moment reiste er mit einem britischen Pass, er hatte aber drei weitere gut versteckt im Gepäck.

Der thailändische Auftraggeber musste es sehr eilig haben, denn man hatte ihm einen Privatjet nach London geschickt, wo McCormick sich zur Zeit gerade aufhielt.

Das war sehr praktisch, denn so hatte er die Möglichkeit, sein Lieblingsspielzeug, ein in Südafrika gefertigtes Präzisionsgewehr, mit zu nehmen. Es kostete immer viel Zeit und Geld, vor Ort eine Waffe zu kaufen oder gar anfertigen zu lassen.

Zweimal hatte er auch schon geschafft, mit gefälschten Ausweisen und ausstaffiert mit einer Pilotenuniform, Waffen direkt in ein Flugzeug zu schmuggeln.
Das war McCormick zu gefährlich geworden, außerdem war er kein Hi-Jacker.

Dieser neue Auftrag machte ihm Sorgen.

Dieser Thailänder musste größenwahnsinnig sein!

Vier verschiedene Zielpersonen an unterschiedlichen Orten binnen weniger Tage “ausknipsen”, das überstieg sogar die Vorstellungskraft von McCormick und er hatte schon viele diffizile Aufträge ausgeführt.

Irgendwie würde er schon zum Schuss kommen.

Vielleicht trafen sich auch alle Zielpersonen an einem Ort, das würde die Arbeit ungemein erleichtern.

* * *

Wan hatte zufällig eine alte Freundin getroffen, die sie lange nicht gesehen hatte.

Das war die Chance für Peter und Lek, sich aus dem Staub zu machen.

Peter hatte gleich gemerkt, dass die attraktive Lek, die man in Deutschland vielleicht gar nicht für eine Asiatin gehalten hätte, einer Affäre nicht abgeneigt war.

Sie hielten sich nicht lange in einem Restaurant auf, sondern Lek winkte einen Minibus heran, die sich hier Tuk-Tuk nannten und gab das Fahrziel, eine Adresse in der Rat-U-Thit Songroi Pi Road an.

“Ich bin nicht das, was du glaubst”, sagte Lek lächelnd.

“Woher weißt du, was ich glaube?” Peter lächelte zurück.

“Na, ja, dein Blick. Ich arbeite nicht in einer Bar und habe deshalb für die Saison eine zweite Wohnung hier. Ich bin Angestellte der TAT, der Tourismusbehörde und muss häufig nach Phuket.”

Es wäre so einfach gewesen, gleich am ersten Tag danach zu fragen.

Sie betraten die kleine, gemütliche Wohnung und hielten sich nicht lange mit Kaffee trinken auf.

Als Peter Lek umarmte und küsste, hoffte er, die Handys würden stumm bleiben.

Die Gedanken an Nong, Wan und Bernd blendete er einfach aus.

* * *

Bernd hatte eine äußerst unangenehme Begegnung hinter sich gebracht und war drauf und dran seinem Grundsatz untreu zu werden, keinen Alkohol mehr zu trinken. Zumindest vorläufig nicht.

Es ging schon damit los, dass zwei Männer, die so gar nicht in das Klischee der immer lächelnden Thailänder passen wollten, ihn von der Villa Pittayarat abholten und zu einer anderen Villa brachten.

Udai hatte ihn beruhigt, es wäre nur eine Routinebefragung.

Bernd ahnte, nein, er wusste, welchen Job die beiden Männer hatten.

Nach ein paar unverbindlichen Höflichkeiten waren sie sofort zur Sache gekommen.

Sie verbaten sich jede weitere Einmischung in operative Maßnahmen thailändischer Behörden.

Die Befreiung von Frau Pittayarat wäre nicht seine Sache gewesen, er hätte die Polizei anfordern müssen.

Bernd rutschte ungemütlich auf dem Stuhl hin und her und tupfte sich den Schweiß von der Stirn.

Jetzt nur nicht den Coolen spielen und durch blicken lassen, dass man selbst einmal in der Branche gearbeitet hat.

Aber vielleicht wussten die das.

Er hätte es nur dem Umstand zu verdanken, Gast der Familie Pittayarat zu sein, dass man ihn nicht sofort des Landes verwies.

Immerhin ging die thailändische Gastfreundschaft auch diesmal soweit, Bernd bis zum Landmark Hotel in der Sukhumvit Road zu bringen.

Er dachte gerade daran, dass er noch einmal nach Pattaya fahren müsste, um sein Gepäck abzuholen, da wurde Bernd von einem Mann mit grauem Backenbart angerempelt.

Der Gentleman murmelte eine Entschuldigung auf Englisch.

In einer ruhigen Ecke schaute sich McCormick noch einmal die Fotos an.

Dieser Deutsche würde ihn vielleicht zu den anderen bringen - also dran bleiben!

* * *

Im Hause Pittayarat hing der Haussegen schief.

Mutter und Bruder wussten zwar nicht im Detail, warum Nong vom Landwirtschafts- zu einem anderen Ministerium gewechselt war, aber gewissen Andeutungen hatten sie damals entnommen, dass es gefährlich werden könnte.

Jetzt, nach dem das Befürchtete eingetreten war, wollte man Nong am liebsten in Watte packen und gar nicht mehr vor die Tür lassen.

“Ich bin kein kleines Mädchen mehr”, sagte sie trotzig.

“Deine Hand...” warf Udai ein.

“Die ist nicht gebrochen, nur angeknackst”, sagte Nong.

Sie trug keinen Gips, aber einen stabilen Verband.

Die schwarze Schlinge zur Ruhigstellung des Armes hatte sie längst abgestreift.

“Vielleicht gebe ich meinen neuen Job ja doch auf...”

Udai und die Mutter atmeten auf.

“...Weil ich Peter heiraten und nach Deutschland ziehen werde!”

Es galt inzwischen in Thailand nicht mehr als Schande, einen Farang zum Schwiegersohn zu haben, aber im Hause Pittayarat dachte man noch sehr konservativ.

Die Mutter schlug die Hände vor das Gesicht, obwohl sie Peter als wohl erzogenen Fremden kennen gelernt hatte.

“Wo war denn dein Peter, als du in Pattaya in Gefahr warst und misshandelt wurdest?” giftete Udai.

Jetzt war auch Nong den Tränen nahe.

Auf die Terrasse stürmte ein stattlicher Mann in Uniform und umarmte Nong.

General Pittayarat war der Letzte gewesen, den man über alles informiert hatte.

“Sprich mit dem Farang und höre auf dein Herz. Ich wünsche dir viel Glück!”

Der General hatte ein Machtwort gesprochen.

Dass seine Tochter für den Fall, sie würde nicht ins Ausland gehen, weiterhin da ihren Dienst versah, wo Thailand sie brauchte, stand für ihn als Soldaten außer Frage.

* * *

Die winzige Wohnung hatte keine Klimaanlage, sondern nur einen Ventilator, einen Deckenquirl, wie Peter es nannte.

Er klebte auf Lek wie eine Briefmarke.

Das war wie Leistungssport, dachte Peter.

Man wird eben nicht jünger und dann eine Sex-Partnerin, die abgeht wie eine dreistufige Rakete!

Er stand vorsichtig auf, um in das noch winzigere Badezimmer zu schlüpfen.

Kaum hatte er das Wasser aufgedreht, huschte Lek hinein, eingewickelt in ein Bettlaken.

“Haben wir zwei überhaupt Platz hier drin?” fragte Peter lachend und prustend.

Lek antwortete nicht, sondern seifte ihn ein und ließ kein Körperteil aus.

Nebenan klingelte ein Handy und Lek schlängelte sich durch die schmale Tür.

Peter spülte den Schaum vom Körper und trocknete sich ab.

Nach einer halben Stunde erreichten sie das Seafood Restaurant in der Nähe der Kreuzung Rat-U-Thit/Sawatdirak Road, in dem Wan ungeduldig wartete.

“Ich gönne dir den Spass”, sagte Wan auf Thai, “aber hast du dabei auch an Nong gedacht?”

* * *

Nong war auf gut Glück zum Landmark Hotel gefahren und kam gerade zurecht, als Bernd an der Rezeption auscheckte.

“Schon wieder Lust auf einen kleinen Ausflug, Lady Nong?” lachte Bernd.

“Meine Familie erdrückt mich mit ihrer Liebe, ich musste mal wieder raus. Ich könnte mir auch keine bessere Reisegesellschaft wünschen”, fügte sie augenzwinkernd hinzu.

Wenn dieses kesse Mädchen nicht Peter gehören würde, könnte ich schwach werden, dachte Bernd.

“Wir nehmen aber nicht die nächste Maschine zu Peter, sondern machen noch einmal einen kleinen Abstecher nach Pattaya.”

Nong riss die Augen auf.

Nicht schon wieder dahin, wo hinter jeder Ecke der entkommene Pairat lauern konnte!

Aber jetzt hatte sie den umsichtigen Bernd dabei.

Nong hatte nur eine kleine Reisetasche dabei, die von Bernd zum wartenden Wagen getragen wurde.

Der freundliche Fahrer, mit dem sie sich während der Fahrt angeregt in Thai und Englisch unterhielten, brachte sie in zweieinhalb Stunden nach Pattaya zum Natural Beach Hotel.

Der Fahrer blickte immer wieder in die Rückspiegel.

“Ein Wagen verfolgt uns schon seit Bangkok”, sagte er.

Bernd hatte den englischen Gentleman, obwohl der keinen Backenbart mehr trug, wieder erkannt.

Nong war etwas beunruhigt, ließ sich aber nichts anmerken.

Sie vereinbarten mit dem Fahrer, dass er sie noch heute Abend zum Domestic Airport bringen sollte, und anschließend musste sich Bernd eine kleine, freundliche Standpauke an der Rezeption anhören.

Er hatte sich nicht abgemeldet und das Zimmer konnte nicht an einen anderen Gast vergeben werden.

Bernd zahlte den kleinen Aufpreis, der gefordert wurde.

Draußen auf dem Gehweg glaubte er, einen Schatten gesehen zu haben, der schnell in eine Soi verschwand.

Dem werden wir mal eine kleine Lehrstunde erteilen, freute sich Bernd.

Er erinnerte sich daran, dass er damals, obwohl noch recht jung, selbst ein paar Mal Unterricht erteilt hatte, wie man sich einer Bewachung entzog.

“Hast du heute in der Sukhumvit den Mann gesehen, der wie ein englischer Gentleman wirkt und in das Auto stieg, das uns bis hierher verfolgt hat?” fragte er Nong.

“Ja”, sagte sie.

“Ich hatte auch nichts anderes erwartet. Jetzt pass auf, ich glaube, du kannst noch etwas lernen!”

Sie liefen die Beach Road entlang und hasteten in die Mike Shopping Mall.

Im Obergeschoss versteckten sie sich hinter Kleiderständern.

McCormick befand sich eindeutig im Nachteil.

Er hatte keinen Mann, der ihn ablösen konnte.

Und der Deutsche hatte den Braten längst gerochen.

Um ihren Verfolger noch mehr zu verwirren, verließen Nong und Bernd zu unterschiedlichen Zeiten die Mike Mall.

McCormick blieb sich selbst treu und verfolgte hartnäckig Bernd.

Der huschte in ein Reisebüro, in dessen Schaufenster in kyrillischer Schrift Werbung für Aeroflot-Flüge in alle Welt gemacht wurde.

Grigorij Alexandrowitsch war selbst anwesend.

“Bernd Walterowitsch, möchtest du einen Rückflug buchen?”

Bernd ließ die Begrüßungszeremonie mit Umarmung über sich ergehen.

“Nein, hast du einen deiner Männer hier? Ich brauche jemanden für ein kurzes Ablenkungsmanöver.”

“Wassilij!” rief Grigorij nach hinten.

“Ach übrigens, ist Nong schon hier?” fragte Bernd beiläufig, während er in den bunten Prospekten blätterte.

“Nong? Wie kommst du darauf? Ist aber nichts Neues, dass du sie suchst!”

* * *

Peter und Lek machten einen Ausflug zu den Koh Phi Phi Islands.

Sie saßen nicht, sondern standen auf den Bänken und winkten zu einem anderen Boot herüber, das sie gerade überholten.

Mit der Geschwindigkeit eines Torpedobootes pflügten sie durch das Wasser.

Lek’s langes braunes Haar flatterte im Wind.

Sie streifte wie zufällig Peters Hand.

Die Berührung dieser Frau elektrisierte ihn jedes Mal.

“Ich muss es ihr sagen”, murmelte Peter vor sich hin.

Lek schaute ihn fragend an und er wiederholte die Bemerkung auf Englisch.

Peter hatte von Udai die Nachricht bekommen, dass Nong befreit worden war und ihn auf Phuket treffen wollte.

Bernd blieb stumm, offenbar war der nicht nur stur, sondern auch noch nachtragend.

“Hast du mit ihr über Heirat und Kinder gesprochen?” riss ihn Lek aus seinen Gedanken.

Peter schüttelte den Kopf.

“Warum machst du dir dann Sorgen? Wir sind jetzt zusammen, das zählt!”

Typisch Thai, dachte Peter, keine Sorgen machen.

Er wollte gerade die weitere Diskussion auf die Abendstunden verschieben, aber Lek ließ nicht locker.

“Ich werde dich besuchen, in drei Monaten schon, und du musst nicht einmal das Flugticket bezahlen!” lachte sie.

Peter zog die Augenbrauen hoch.

“Ich werde die Internationale Tourismusbörse in Berlin besuchen und du zeigst mir abends deine Stadt! - Warum heiratest du nicht Nong? Ich möchte meine Unabhängigkeit gern behalten, bin immer für dich da, wenn du Thailand wieder besuchst!”

Peter hatte schon immer erhebliche Probleme, die Gefühls- und Gedankenwelt deutscher Frauen richtig einzuschätzen, aber hier war er mit seinem Latein völlig am Ende.

Er würde mit Nong reden müssen, so viel war klar.

Neben ihnen stand eine Familie aus Deutschland.

Ein Mann, etwa in dem gleichen Alter wie Peter, eine Frau mit kurzen blonden Haaren, die in ihren Shorts eine gute Figur machte und eine lebhafte Tochter im Teenageralter, die mit einem Handy der neuesten Generation Fotos von den Inseln schoss, die an ihnen vorbei rauschten.

Peter war aufgefallen, dass der Mann unablässig aufs Wasser starrte und nur selten den Kopf hob.

“Entschuldigen Sie, ich bin Peter Weise, Journalist aus Berlin...”

“Das trifft sich gut. Wolfgang Werner aus Hamburg, meine Frau und meine Tochter”, stellte er vor.
“Ich bin zwar im Urlaub, aber wenn Sie Interesse haben, berichte ich gern von meiner Arbeit, ein bisschen Publicity kann nicht schaden”, lachte er.
“Wo wohnen Sie?” fragte Herr Werner.

“Seagull Hotel, Patong”, sagte Peter.

“Na dann, heute Abend im Laimai Restaurant. Ihre hübsche Freundin ist natürlich auch eingeladen!” Wolfgang Werner nickte Lek freundlich zu.

“Hm”, räusperte sich Peter.
“Darf ich fragen, warum Sie unablässig auf das Wasser geschaut haben?”

“Ich kann nicht einmal im Urlaub abschalten. Es ist mein Job, Wellen zu analysieren!”

* * *

Wassilij erwischte gleich im zweiten Anlauf den richtigen Mann.

Er bat McCormick um Feuer, aber der schüttelte den Kopf.

“Ich habe eine ganz heiße Tipp für Sie, Sir” sagte Wassilij im gebrochenem Englisch.
“Beste AGoGo in Stadt! Mädchen tanzen nicht gelangweilt in Bikini an Stange, sondern lassen alle Hüllen fallen! Für Gentleman wie Sie Eintritt umsonst!”

“Kein Interesse”, knurrte McCormick und schob den aufdringlichen Russen beiseite.

Diese Ablenkung hatte Bernd genügt, um im Gedränge unerkannt auf die andere Strassenseite zu kommen.

In der Walking Street huschte er in die Bar und eilte sofort zum Tresen.

“Haben Sie einen Hinterausgang?” fragte er die Mamasan, die den kräftigen Jöhraman sogar wieder erkannte.

“Dort entlang!”

Chan stellte sich ihm in den Weg, so dass Bernd beinahe mit ihr zusammen geprallt wäre.

“Du hast zwar merkwürdige Freunde, aber vielleicht hast du heute Abend Zeit für mich?”

“Heute passt es gerade schlecht, liebste Chan, ich werde verfolgt! 500 für dich, wenn du mich auf Schleichwegen zur Second Road bringst”, keuchte Bernd.

Das war leicht verdientes Geld und es würde sich später am Abend schon noch ein Freier finden, dachte Chan.

In der Second Road stoppte Bernd einen Minibus und ließ sich direkt zum Hotel fahren.

Er hastete die Treppen hinauf, griff nach dem gepackten Koffer und bezahlte an der Rezeption.

Als Bernd auf die Strasse trat, winkte ihm Nong fröhlich aus dem Auto zu.

“Wo bleibst du denn so lange?”

* * *

McCormick hatte einen Telefonanruf erhalten, die wichtigsten Zielpersonen wären auf Phuket.

Er stellte die Bedingung, mit der Gulfstream dahin geflogen zu werden, was sofort organisiert wurde.

Dank des Fluges mit dem Privatjet hatte McCormick jetzt zwei Stunden Vorsprung vor Bernd und Nong.

Eine der Zielpersonen war im Seagull China City abgestiegen.

McCormick wollte eigentlich darum bitten, dass man ihm ein Zimmer zeigte, bevor er sich entschied.

Aber die Angestellte - noch schmaler, als die anderen Thaifrauen - sagte höflich, aber bestimmt, es wäre Hochsaison.

Mister McCormick könne das letzte freie Zimmer bekommen, er müsste sich aber sofort entscheiden.

Der Killer checkte ein und ließ das Gepäck in den dritten Stock bringen.

Er war angenehm überrascht.

Es war das letzte Zimmer am Ende des Flügels.
Vom Balkon aus hatte er nahezu freies Schussfeld bis zum Strand.

Ian McCormick packte nur das Zielfernrohr aus und legte sich probeweise auf die Lauer.

Von hier aus könnte er sogar ein Loch in eine der grünen Kokosnüsse im Verkaufsstand am Strand schießen.

Er erhob sich gerade wieder, da sah McCormick ein älteres Touristenehepaar, das vom Nachbarbalkon herüber grüßte.

Der Killer bedankte sich mit einem Kopfnicken.

Er müsste also auch noch einen Sichtschutz anbringen.

Das Ehepaar verschwand schnell wieder im Zimmer nebenan und nach einer Minute hörte McCormick, wie die Tür ins Schloss fiel.

Gut so! Er setzte sein Vorhaben sofort in die Tat um, in dem er eine Leine spannte und eine Decke, die er im Schrank fand, darüber hängte.

Als der Killer zur Strasse hinüber blickte, traute er kaum seinen Augen.

Glück muss man haben!

Zwei der Zielpersonen standen auf der anderen Strassenseite und stritten sich.

McCormick schraubte in Windeseile das Präzisionsgewehr zusammen.

* * *

“Du hast es ihr gesteckt, nicht wahr?” sagte Peter ruhig, aber seine Augen funkelten zornig.

“Woher willst du das wissen?” antwortete Wan trotzig.

“Sie hat mich heute auf ihrem eigenen Handy angerufen und machte ein paar Andeutungen...”

“Du musst dich entscheiden, Peter!”

“Das geht nur mich und Nong etwas an!”

Peter hob den rechten Arm und machte einen Schritt auf Wan zu.

Die junge Frau musste annehmen, Peter wolle sie an der Schulter zurück stoßen.

Deshalb wich Wan aus, verlor auf der Bordsteinkante das Gleichgewicht und taumelte auf die Strasse.

Ein Pick-Up kam mit quietschenden Bremsen zum Stehen, erfasste sie aber noch mit der Stoßstange und Wan blieb regungslos liegen.

Peter beugte sich sofort vornüber und das rettete ihm das Leben.

Die zweite Kugel zischte in ein Gebüsch zwischen Gehweg und Strand.

Auf der Thavee Wong Road hatte sich ein Stau gebildet.

Bernd bedeutete dem Fahrer, hundert Meter vor dem Hotel zu halten, anders ging es auch gar nicht.

Nong folgte ihm durch das Gedränge der Schaulustigen.

“Dich kann man auch keine Woche allein lassen”, sagte Bernd ernst und berührte den noch unter Schock stehenden Peter nur kurz am Arm.

Bernd schob die Leute beiseite, die Wan auf den Gehweg betten wollten, bis die Ambulanz eintraf.

Ein kurzer Blick genügte ihm, dann wurde er von zwei Polizisten, die soeben eingetroffen waren, zurück gedrängt.

Mit der Befreiung von Nong ist es nicht vorbei - es fängt gerade erst an, dachte Bernd.

Nong schmiegte sich an Peter und weinte.

“Mein Gott, was für ein Unglück!” stammelte Peter.

“Unglück?” sagte Bernd zornig.
“Die war schon tot, bevor sie auf dem Asphalt landete!”

Weder Nong noch Peter erfassten sofort die Bedeutung dieser Worte.

Jetzt kam es auf jede Sekunde an!

Der Gehweg am Strand lag nicht im toten Winkel, also waren die oberen Stockwerke des Hotels ein idealer Standort.

Bernd rannte zur Rezeption und zeigte das Foto, welches Grigorij heimlich gemacht hatte.

“Wohnt dieser Mann hier?” keuchte er. “Ich muss ihn dringend sprechen!”

Die dünne, ältere Dame an der Rezeption zog die Augenbrauen hoch.

Immer diese verrückten Farangs! dachte sie.
Was da draußen vorging, hatte sie noch nicht mitbekommen.

“Mister McCormick, Zimmer Nummer 418!”

Bernd raste am Pool vorbei und die Treppen hinauf.

McCormick fluchte: Schon wieder dieser Deutsche!

Er hatte ihn von oben kommen sehen.

Er schoss mit der schallgedämpften Pistole und Bernd schmiegte sich an die Wand des Treppenaufgangs.

Putz rieselte vom Einschussloch auf Bernds Schulter.
.
Jetzt hätte er die Pistole gebraucht, die er bei Grigorij in Pattaya zurück lassen musste.

Bernd hatte keine Chance, irgendwie an den Killer heran zu kommen.

Er lugte um die Ecke - nichts zu sehen!
Wo steckte dieser McCormick nur?

Es war absolut nichts zu hören, aber jahrelange Erfahrung sagte Bernd, dass irgendetwas in seinem Rücken vor sich ging.

Er warf sich auf den Betonboden.

Der Pistolenkolben traf nur die Wand.

McCormick war über das Holzgeländer des halboffenen Ganges eine Etage tiefer geklettert und hatte sich über die Treppe angeschlichen.

Bernd griff nach den Fußknöcheln des Killers und brachte ihn zu Fall.

Dabei verlor McCormick die Pistole, die über den Betonboden rutschte.

Bernd hätte in dem Bodenkampf vielleicht die Oberhand gewonnen, aber die Frau aus McCormicks Nachbarzimmer, die mit ihrem Mann gerade die Treppe herauf kam, kreischte:

“What’s the matter?!”

“Stopp the thieve!” brüllte Bernd.

Aber der Killer hatte den Ehemann beiseite gestoßen und war verschwunden.

Bernd spürte einen stechenden Schmerz im rechten Knie und schaute auf die verschmutzte Hose - kein Blut!

An eine Verfolgung war nicht mehr zu denken.

Er nahm sein Taschentuch und griff vorsichtig nach dem Beweisstück, auch wenn mit dieser Waffe heute niemand ermordet worden war.

Zurück auf der Strasse sah Bernd, wie ein Sarg in einen Leichenwagen geschoben wurde und wie bei Peter die Handschellen klickten, dessen Kopf nach unten gedrückt und sein Freund in einen Streifenwagen geschoben wurde.

Nong stand fassungslos daneben.

“Augenzeugen haben ausgesagt, Peter hätte Wan vor das Auto gestoßen! Ich glaube es einfach nicht!”

Ein Polizist eilte herbei, um Bernd die Pistole zu entwinden.

“Vorsicht wegen der Fingerabdrücke”, sagte er ruhig auf Englisch.

Ein weiterer Polizist wollte Bernd die Arme nach hinten drehen, war aber hier an der falschen Adresse, er hätte auch mit einem Grizzly ringen können.

Das rief weitere Polizisten auf den Plan, die ihre Waffen aus den Holstern rissen.

Nong hatte sich wieder gefasst und telefonierte mit ihrem Bruder.

Zwei Thais in Zivil drängten sich durch die Zuschauer und die Polizisten machten ehrerbietig Platz.

“Was ist hier los?” fragten sie und ihnen wurde vom ranghöchsten Polizisten bereitwillig Auskunft gegeben.

Man hätte gerade zwei sehr gefährliche Farang überwältigt.

Hoffentlich sprechen die auch Englisch!
Bernd schickte ein Stoßgebet zum Himmel, denn seine Thai-Kenntnisse gingen nicht so weit, um eine Fahndung nach McCormick zu veranlassen, vor allem nicht unter diesen Umständen.

“Wir sind die Inspektoren Tongthai und Khunprathum von der Kripo Phuket Town und zufällig hier vorbei gekommen. Wie ist ihr Name?”

“Bernd Krüger.”

“Germany?”

“Ja.” Bernd schöpfte wieder Hoffnung.

Die beiden wirkten seriös, umsichtig und gesprächsbereit.

“Nun mal der Reihe nach, Mister Krüger”, sagte der ältere Beamte.

“Mr. Weise, der gerade zum Revier gefahren wird, hatte eine kleine Auseinandersetzung mit einer Freundin dieser Dame hier”, er zeigte auf Nong, die immer noch das Handy ans Ohr hielt.

“Während dieser Auseinandersetzung wurde das Opfer vom Hotel aus erschossen, fiel vor ein Auto und für die Zeugen sah es nach einem provozierten Unfall aus. Ich habe sofort den Ort aufgesucht, von dem aus geschossen wurde, aber der mutmaßliche Täter hat auf mich ebenfalls geschossen. Das Beweisstück habe ich ihrem Kollegen in Uniform übergeben. Der Täter ist mir leider entkommen. Die Tatwaffe, mit der die junge Frau ermordet wurde, liegt noch in Zimmer 418 des Hotels, vor dem wir stehen.”

Khun Tongthai war beeindruckt.

Entweder log dieser Farang wie gedruckt oder der war selbst einmal bei der Polizei gewesen.

“Welchen Job haben Sie in Deutschland?” fragte Tongthai lauernd.

“Ich bin Privatdetektiv, war früher selbst bei den Ermittlungsorganen.”

Das war zwar nur die halbe Wahrheit, aber es spielte hier in Thailand keine Rolle.

Khun Tongthai wies seinen Mitarbeiter an, gemeinsam mit einem Polizisten und einem Hotelangestellten das Zimmer 418 zu durchsuchen.

“Sicher wissen Sie auch, nach wem wir fahnden müssen?”

“Nach Ian McCormick, hier ist ein Foto von ihm.”
Bernd verkniff sich ein Grinsen.

Nong reichte stumm das Handy an Khun Tongthai weiter.

Der nickte immer wieder.

“Khun Pittayarat hat ihre Angaben bestätigt, Mister Krüger. Aber ihren Freund müssen wir in Gewahrsam behalten, bis geklärt ist, dass der Schuss die Todesursache ist.”


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RE: Abenteuer in Thailand-auf der Suche nach Nong

#20 von MadMovie , 25.11.2009 05:23

Kapitel 16[/size]

Pairat hatte durch einen Telefonanruf erfahren, dass man ihn gefeuert hatte.

Nicht einmal Potaram war persönlich am Apparat gewesen, sondern nur dessen Schwager.

Diesen Gesichtsverlust konnte Pairat keinesfalls auf sich sitzen lassen.

Er besorgte sich aus Bangkok neue Weggefährten, was nicht allzu schwierig war.

Zum einen hatte sich in der Unterwelt noch nicht herum gesprochen, dass er bei Potaram in Ungnade gefallen war, zum anderen versprach Pairat großzügige Entlohnung für den Erfolgsfall und der hieß:

Die Tochter des Generals Pittayarat wieder zu ergreifen, in den Süden zu bringen und danach bei Presse und Fernsehen durch sickern zu lassen, dass Potaram dahinter steckte.

Als nächstes würde man den Schwager beseitigen müssen.

Aber zunächst galt es, den ersten Schritt umzusetzen.

Pairat machte sich mit seinen Männern auf nach Phuket.

* * *

Bernd und Nong wurden mit dem PKW der Zivilbeamten zur Polizeidienststelle von Phuket Town gefahren, um Bernds Aussage am Computer zu protokollieren.

Gerade eben wurde das matt glänzende Präzisionsgewehr durch das Zimmer getragen und Bernd fragte, ob er einen Blick darauf werfen dürfe.

“Hm, sieht aus wie eine Arbeit des Meisters Meijer aus Johannesburg, aber ganz sicher bin ich mir nicht. Ein Einzelstück.”

Bernd betrachtete das Gewehr wie ein Kunstwerk.

“Ihre Angaben haben sich alle bestätigt, Mister Krüger! Wir haben sogar die Patronenhülse gefunden. Im Hinterkopf des Opfers steckt vermutlich noch das Geschoss. Sie dürfen gehen, Mister Krüger, vielen Dank!”

“Und was ist mit Mister Weise? Da das Opfer erschossen wurde, ist er unschuldig.”

“Wir müssen das Ergebnis der Obduktion abwarten, was die maßgebliche Todesursache war”, sagte der Kriminalist ernst.

Nong mischte sich ein:
“Mister Krüger, ich selbst und mein Bruder Udai Pittayarat verbürgen sich dafür, dass Mister Weise nicht die Insel verlässt bevor alles geklärt ist!”

Khun Tongthai schien einen Moment zu schwanken, aber der Name Pittayarat war wohl bekannt und gab den Ausschlag.

“Also gut. Mister Weise hält sich zu unserer Verfügung, bis der Fall abgeschlossen ist. Und Sie passen gut auf ihn auf! Da ich Ihnen vertraue”, Tongthai machte eine bedeutungsschwangere Pause, “muss sich Mister Weise nicht jeden Tag bei der Polizei melden. Die Flughäfen und Häfen werden natürlich überwacht.”

Peter wurde von Polizeibeamten eskortiert zu ihnen gebracht und rieb sich die Handgelenke.

“Hattest du Klimaanlage und Minibar oder die Thai-Variante zusammen mit Kathoeys, Serienmördern und Insekten?” fragte Bernd.

Peters Mund verzog sich zu einem schiefen Grinsen.

“Du ahnst gar nicht, wie ich deine launigen Sprüche vermisst habe!”

“Zweimal Knast in einem Urlaub reicht ja auch oder willst du eine Artikelserie darüber schreiben?”

Da Bernd als Zeuge und Helfer der Polizei gedient hatte, organisierte das Königreich Thailand auch den Rücktransport nach Patong.

Bernd fragte den Fahrer, ob er auf dem Beifahrersitz Platz nehmen dürfe, denn das junge Paar hinten hatte jede Menge Gesprächsbedarf.

Nong umklammerte Peters Hand.

“Ich habe dich vermisst, Peter!”

“Ich dich auch!” Er küsste sie auf die Wange.

“Mich hat nur gestört, dass du nicht dabei warst, als Bernd und die Russen mich befreit haben. Du wolltest das wohl den Profis überlassen?”

Sie lächelte und knuffte ihn in die Seite.

“Die Sache mit Lek tut mir leid. Ich wollte...”

“Lek diese Schlange! Ich werde kein Wort mehr mit ihr wechseln, sie hat dich verführt!”

Peter riss die Augen auf und verkniff sich jeden Kommentar.


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RE: Abenteuer in Thailand-auf der Suche nach Nong

#21 von MadMovie , 26.11.2009 06:15

Fortsetzung Kapitel 16
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Nong hatte die undankbare Aufgabe übernommen, Wan’s Familie zu informieren.

Dabei nahm sie es mit der Wahrheit nicht so genau und behauptete, man hätte auf sie geschossen, um sich an ihrem Vater zu rächen.

Der Täter hatte aber leider Wan getroffen.

Als Nong dann mit dem Onkel telefonierte, bat Peter darum, mit dem Lehrer Mongkut in Rayong selbst sprechen zu dürfen.

Bernd ließ den Fahrer des zivilen Fahrzeugs der Polizei an einem Tempel in der Nähe von Chalong halten.

Sie kauften Lotusblumen und Räucherstäbchen und gedachten der jungen Frau, die so plötzlich aus dem Leben gerissen wurde.

Bernd beobachtete aus den Augenwinkeln die beiden anderen.

Peter war blass, schien sich aber wieder gefangen haben.

Nong’s Gesicht war tränenüberströmt.

Bernd ahnte zumindest, wie es jetzt in ihr aussah.

Nur weil sie in Pattaya Unterschlupf gesucht hatte, musste ihre Freundin sterben.

Während der restlichen Kilometer bis Patong sprach niemand ein Wort.

Peter war immer noch so durcheinander, dass er nicht einmal nach der Handverletzung von Nong fragte.

Sie machten sich auf den Zimmern frisch.

Nong bekam ausgerechnet Zimmer Nummer 418, es war kein anderes frei.

Es gab in der Wand von Peter’s und Bernd’s Zimmer eine Verbindungstür zum Nebenraum.

Plötzlich hörten sie, wie ein Schlüssel im Schloss gedreht wurde und die Tür leise quietschend, als wäre sie lange nicht geölt worden, aufsprang.

Bernd war schon halb angezogen, aber Peter kam gerade nackt aus dem Badezimmer.

Nong hielt sich die Hand vor den Mund, um nicht los zu prusten.

Unglaublich, wie schnell Thaifrauen den Schalter umlegen können, dachte Bernd.

“Gewöhn dich schon mal an den Anblick, wenn du ihn wirklich heiraten willst, meine Liebe!”

“Ich werde heute Nacht die Tür einen Spalt offen lassen und wenn ich schreie, vertreibt ihr die Mörder!”

Peter zog sich hastig an.

“Ich habe noch einen besseren Vorschlag, meine Liebe. Wir tauschen die Zimmer und du kannst dich an Peter’s breite, behaarte Brust kuscheln!”

“Wofür hälst du mich?” Nong warf empört ein Kissen nach Bernd.

Nachdem Bernd sein Hemd zugeknöpft hatte, bat er die anderen, auf dem Balkon Platz zu nehmen.

“Wir müssen vielleicht sogar bis Ende des Jahres hier bleiben, Auflage der Polizei. Das heißt aber nicht, dass wir uns in den Zimmern einschließen müssen. Wir können da draußen herum spazieren. Beachtet bitte folgendes...”

“Ich hatte selbst eine Ausbildung”, schmollte Nong.

“Aber ich habe die Erfahrung, okay? Wir haben eine Chance, alle gesund nach Deutschland zu kommen, wenn wir stets zusammen bleiben. Der beste Schutz sind große Menschenmassen. Und ich hoffe mal, dass McCormick gefasst wird, bevor er sich eine neue Waffe beschafft.”

“Und was ist mit Pairat?” fragte Nong.

“Du glaubst also, den sind wir noch lange nicht los?” fragte Bernd besorgt.

“Er hat sein Gesicht verloren und wird sich rächen wollen”, sagte Nong nachdenklich.

Peter verstand nur Bahnhof, denn bisher hatten sie keine Gelegenheit gehabt, über die Ereignisse in Pattaya zu sprechen.

Die Drei schlenderten die Thavee Wong Road entlang, immer darauf bedacht, dass noch Menschen zwischen ihnen und der Bordsteinkante waren.

Das war nicht besonders schwierig, denn jetzt in der Hochsaison drängelten sich viele Einheimische und Touristen vor den Verkaufsständen.

Von einer Bühne schallte Musik herüber.

Ein Tourist kam auf sie zu und musterte misstrauisch Nong.

“Ich habe schon auf Sie gewartet, Herr Weise. Wir waren doch verabredet!”

Und an Bernd und Nong gewandt:

“Dr. Wolfgang Werner aus Hamburg!”

“Bernd Krüger aus Berlin und das ist Nong, die Verlobte von Herrn Weise”, übertrieb Bernd ein wenig.

Dr. Werner wirkte irritiert, hatte er doch Lek für Peter’s Freundin gehalten.

“Hören Sie, Dr. Werner, wir hatten einen schweren Tag, eine Bekannte ist ermordet worden und Herr Weise war inhaftiert...”

“Ist schon gut, Bernd, das geht klar! Aber nicht hier, nach Musik ist mir heute nicht zumute.”


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RE: Abenteuer in Thailand-auf der Suche nach Nong

#22 von MadMovie , 27.11.2009 04:15

Fortsetzung Kapitel 16
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Sie gingen ein paar Schritte zurück in Richtung ihres Hotels und nahmen Platz in einem anderen Restaurant.

Auf der flachen Bühne wurden sonst traditionelle Thai-Tänze von anmutigen Mädchen dargeboten, wie Peter an anderen Abenden festgestellt hatte, aber heute fand keine Show statt.

Sie bestellten beim Kellner Wasser und Bier und einen Schoppen Weißwein für Dr. Werner.

“Darf ich mich nach dem Befinden der Gattin und der Tochter erkundigen?” fragte Peter zerstreut.

“Nun, meine Frau ist müde und im Hotel geblieben. Meine Tochter ist mit zwei jungen Schweden im Phuket FantaSea.”

Peter runzelte etwas die Stirn.

“Keine Sorge, die kann auf sich aufpassen”, sagte Wolfgang Werner.

Bernd nahm einen Schluck Mineralwasser.

“Was ist denn in dich gefahren, alter Schluckspecht?”

“Eine leichte Alkohol-Allergie nach einem Umtrunk mit russischen Freunden.”

“Darf ich Sie fragen, Dr. Werner, warum Sie sogar im Urlaub Interviews geben?”

“Zunächst mal - ich bin Wolfgang!”

Sie prosteten sich zu und Peter sagte:

“Okay Wolfgang, ich bin der Peter!”

“Nach so einem Tag werde ich wohl doch wieder rückfällig!”

Bernd schüttete Singha in sein Glas, nahm einen tiefen Schluck, neigte den Kopf und sagte:

“Nichts geht über eine Hopfenkaltschale! Da wir gerade bei der Verbrüderung sind - ich bin der Bernd!”

Peter hatte Stift und Notizblock ausgepackt und nickte Wolfgang aufmunternd zu.

“Ich habe mich im Rahmen des europäischen Forschungsprojekts MaxWave bisher mit sogenannten Freak Waves beschäftigt”, sagte Dr. Werner.

Bernd übersetzte es für Nong.

“Monsterwellen? Sind das die, welche an Land große Verwüstungen anrichten können?”

Peter spürte einen leichten Kopfschmerz, aber er ignorierte es, denn sein Interesse war geweckt.

“Ihr Journalisten würdet wahrscheinlich keinen Unterschied machen, aber für uns Wissenschaftler sind das zwei Paar Schuhe.”

“Erkläre uns bitte den Unterschied, Wolfgang!”

“Bei einer Freak Wave müssen eine oder mehrere folgender Bedingungen zusammen kommen: Ein Orkan, der zwölf Stunden in eine Richtung bläst, normale Wellen treffen auf gegenläufige, kalte Meeresströmungen oder es bilden sich Kreuzseen, die bei wechselnden Winden entstehen. Mit Hilfe eines Satelliten wurde eine Weltkarte erstellt und wir haben in drei Wochen zehn Riesenwellen lokalisiert, die mehr als 25 Meter hoch waren.”

“Was kann passieren, wenn so eine Welle zum Beispiel ein Schiff trifft?” fragte Peter.

Auch Bernd und Nong folgten mit gespannter Aufmerksamkeit den Worten des Wissenschaftlers.

“Es hat Fälle gegeben, da wurde ein 200 Meter langer Frachter komplett um die Längsachse gedreht, die Seeleute nennen es ‘durch kentern’. Die Folgen kann sich jeder ausmalen. Jede Woche verschwinden zwei große Schiffe, nicht irgendwelche Seelenverkäufer, sondern hoch moderne Containerschiffe mit qualifizierter Besatzung. Sehr häufig sind die Freak Waves die Ursache.
Ich möchte nicht in der Haut eines Kapitäns stecken, wenn 50 Tonnen pro Quadratmeter Druck auf das Schiff einwirken. Im ungünstigsten Fall kann ein Schiff auf dem Wellenkamm unter der Eigenlast zerbrechen.”

“Warum wird darüber in der Öffentlichkeit so wenig berichtet?” fragte Peter.

“Weil es nur die Seeleute, Reedereien und Versicherungen betrifft. Etwas anderes ist es, wenn ein Luxus-Passagierschiff betroffen ist. Die ‘Queen Elizabeth 2’ zum Beispiel , die hatten Glück im Unglück, da wurden nur sämtliche Scheiben des Salons zerschlagen, in 22 Meter Höhe!”

Peter machte sich Notizen.

“Du hast mich gefragt, Peter, warum ich auch im Urlaub Publicity mache.
Ich wurde in eine Kommission berufen, die ein Frühwarnsystem für den Atlantik durchsetzen soll.”

“Für Freak Waves?”

“Ja, das auch, doch dafür brauchen wir einen zweiten Satelliten. Nein, auch die anderen Wellen, mit dem japanischen Namen Tsunami.”

“Und was heißt das im Wortsinne?” fragte diesmal Bernd.

“Hafenwelle oder Welle im Hafen. Vor langer Zeit kamen japanische Fischer mit reichem Fang nach Hause, aber ihr Hafen und ihre Hütten waren komplett zerstört von einer Welle, die sie draußen gar nicht bemerkt hatten.”

“Okay, Wolfgang, Japan und der Pazifik, aber warum der Atlantische Ozean?”

“Es gibt drei Möglichkeiten, wie so eine Tsunami entsteht: Eine Vulkaninsel explodiert, ein Seebeben an der Subduktionszone von Kontinentalplatten oder eine über- oder unterseeische Rutschung großer Gesteinsmassen.”

“Du bist also der Meinung, so etwas kann in Europa jederzeit passieren?”
“1755 - Erdbeben und Tsunami in Portugal, 60000 Tote in Lissabon; 1908 Tsunami in Sizilien - ebenfalls 60000 Tote”, sagte Dr. Werner ernst.

“Was ist der aktuelle Anlass, sich für ein Frühwarnsystem stark zu machen?” fragte Peter.

“Auf der Kanareninsel La Palma gibt es den Vulkan Cumbre Vieja, der ist seit 1949 instabil, könnte jederzeit ins Meer stürzen.
Wir wissen nur nicht, ob es nächstes Jahr oder erst in 20000 Jahren passieren wird.”

Wolfgang Werner machte eine Pause, um die Worte wirken zu lassen und trank einen Schluck Wein.

“Was passiert, wenn 500 Milliarden Tonnen Gestein in den Atlantik poltern?”

“Man kann zu Fuß nach Amerika laufen”, grinste Bernd.

“Nun, dafür reicht es nicht. An der Technischen Hochschule Zürich wurde dieser Fall simuliert, mit dem Ergebnis, eine 650 Meter hohe Welle würde sich mit 500 bis 900 Kilometer pro Stunde ausbreiten!”

“Und tschüss, New York!”

“Du hast es als Erster erfasst, Bernd!”


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RE: Abenteuer in Thailand-auf der Suche nach Nong

#23 von MadMovie , 29.11.2009 05:37

Fortsetzung Kapitel 16
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Dr. Werner betrachtete einen Moment lang interessiert die Lichtbrechung im Weinglas, als er es erhob und Bernd zu prostete.

“Die Franzosen und Briten haben Bereitschaft signalisiert, bei der Vorbereitung des Frühwarnsystems mitzumachen, jetzt müssen wir noch die Amerikaner und Norweger ins Boot holen”, sagte Wolfgang mit optimistisch klingender Stimme.

“Warum hat so ein sinnvolles Projekt dennoch so viele Widerstände zu überwinden?” fragte Peter und spielte mit dem Kugelschreiber.

“Weil derartige Katastrophen, anders als in den Mittelmeerländern, nicht in unserem kollektiven Gedächtnis verankert sind.”

“Wann gab es die letzte Katastrophe mit größeren Schäden in Nord- und Mitteleuropa?”

“Das ist ja das Problem, das war vor 8000 Jahren. Damals gab es im Nordatlantik eine Kontinentalhangrutschung. Eine Fläche von der Größe Islands brach ab und rutschte in die Tiefsee. Die Flutwelle verwüstete Schottland und Island.”

“Ich verstehe”, sagte Peter und kaute am Stift, “wäre es vor 80 Jahren passiert, dann würden alle einem Frühwarnsystem erheblich aufgeschlossener gegenüber stehen. Woher weiß man das so genau?”

“Die Geologen haben Sedimentschichten gefunden. Eine globale Katastrophe vor 190 Millionen Jahren und die genannte vor 8000 Jahren im Nordatlantik.”

“Kennt man auch die Ursache?” fragte jetzt Bernd.

“Hat jemand von euch Frank Schätzings ‘Der Schwarm’ gelesen?” fragte Wolfgang Werner in die Runde.

Peter nickte.

“Die Meeresbiologen reißen immer noch Witze auf den Fluren der Institute, so nach dem Motto ‘Pass auf, gleich springt dich eine Qualle an!’, aber das Szenario mit der Instabilität von Kontinentalhängen, hervor gerufen durch das Freiwerden von Methanhydrat, ist sehr ernst und äußerst realistisch.”

“Methanhydrat?” fragte Bernd.

“Stimmt ja, du hast den Roman nicht gelesen.”

“War mir zu dick, die Schwarte”, griente Bernd.

“Eiskristalle umschließen Methanmoleküle. Das Zeug wäre die ideale Energiereserve für die Zukunft, nur dumm, dass es häufig an den Kontinentalhängen lagert und diese sozusagen wie Eiszement stabilisiert.”

Dr. Werner bemühte sich sichtlich, nicht zuviel Fachchinesisch zu reden.

“Wie konnte sich das Methanhydrat in der Steinzeit auflösen?” fragte wieder Bernd.

“Durch eine allgemeine Erwärmung des Nordatlantik zum Beispiel.”

Dr. Werner zuckte mit den Schultern.

“Das ist noch nicht restlos aufgeklärt.”

“Da wären wir bei dem, was die Leser sicher interessiert: Inwiefern trägt der Mensch heute dazu bei, Naturkatastrophen zu provozieren?” wollte Peter wissen.

“Die Prozesse verlaufen sehr langsam. Sicher tragen der Ausstoß von Kohlendioxid und anderen Treibhausgasen zur allgemeinen Klimaerwärmung bei - mehr Stürme, mehr Freak Waves. Vergesst auch nicht, dass die Natur selbst der größte Umweltverschmutzer ist. Bei einem Vulkanausbruch werden hunderttausende Tonnen fester Partikel, Schwefeldioxid und vieles andere mehr bis in die Stratosphäre geschleudert.”

“Aber die Industrie macht das täglich, wenn auch nur im unteren Teil der Atmosphäre”, sagte Peter nachdenklich.

“Das ist zweifellos richtig.”

Der Kellner kam Dr. Werner zu Hilfe.

Man orderte eine weitere Lage Getränke.

Ganz in der Nähe plätscherte ein Springbrunnen.

Von der Bar drang gedämpfte Musik zu ihnen herüber.

Nong war auf die Toilette gegangen.

Als sie zurück kam, blieb sie etwa zehn Meter entfernt stehen und telefonierte mit dem Handy, das ihr Peter zurück gegeben hatte.

Sie kam zum Tisch und sagte:

“Da war ein fremder Mann am Telefon, er hat mich gewarnt, ich solle mich in Acht nehmen und wenn möglich Phuket verlassen.”

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RE: Abenteuer in Thailand-auf der Suche nach Nong

#24 von MadMovie , 30.11.2009 05:59

Kapitel 17[/size]

Weihnachten stand vor der Tür.

Und da alle zusammen los zogen, verlief der Einkauf der Weihnachtsgeschenke völlig anders, als in Deutschland, wo man möglichst einen geheimnisvollen Schleier über alles breitete, um dann am Heiligen Abend in glänzende Augen blicken zu können.

Nong, Peter und Bernd machten sich einen Spass daraus, auf irgendein Produkt in einem Regal zu zeigen und den zu Beschenkenden anzulächeln.

Ein Lächeln zurück oder ein Kopfschütteln genügte als Antwort.

Sie schlenderten durch Patong und kauften eigentlich nur Kleinigkeiten, bis sie an einem Juwelierladen vorbei kamen.

Bernd drängte das Paar fast hinein, die beiden wären weiter gelaufen.

Peter zeigte auf die Auslagen mit den goldenen Ringen.

Nong machte eine vage, abwehrende Geste, aber ihre Augen leuchteten.

Die Ladenbesitzerin sah, wie unschlüssig die potenziellen Käufer waren und versicherte wortreich zweisprachig, dass es qualitativ höherwertiges Gold sei, als das Thaigold, aus dem die beliebten schweren Ketten gefertigt würden.

Sie probierten verschiedene Ringe.

Als Peter nach dem Preis fragte und die Antwort erhielt, ließ Bernd einen leisen Pfiff ertönen.

Nong hob die Hand und verhandelte mit der Ladenbesitzerin, mit dem Ergebnis, dass sie einen erheblichen Rabatt aushandelte.

Bernd rechnete nach und kam auf mehr als 10 Prozent.

Peter zückte schweren Herzens die Kreditkarte.

Er würde im Januar mehrere Artikel verkaufen müssen, um das Finanzloch wenigstens zum Teil stopfen zu können.

Auf dem Rückweg kamen sie am Ocean Plaza an der Thavee Wong Road vorbei und besuchten den Drogeriemarkt im Kellergeschoss.

Hier gab es ein Wiedersehen mit Familie Werner.

Nach der Begrüßung nahm Wolfgang Peter beiseite:

“Schade, dass es gestern so spät geworden ist und wir gar nicht mehr über das modernste Tsunami-Frühwarnsystem der Welt reden konnten. Im nächsten Monat will ich mir das mal im Geo-Forschungszentrum Potsdam ansehen. Es ist serienreif und du wirst es nicht glauben, Peter, es kann starke Tiefenströmungen binnen Sekunden von Tsunamis unterscheiden und meldet der Seefahrt auch Freak Waves...”

“Ich bremse deine Begeisterung nur ungern, Wolfgang. Was heißt ‘serienreif‘? Nach meiner Rechnung braucht man davon nur drei: Atlantischer Ozean, Mittelmeer und Indischer Ozean. Die Amerikaner haben schon eines im Pazifik.”

“Ja, aber das ist veraltet, unzuverlässig und liefert Fehlalarme.”

“Wir treffen uns heute Abend im Hotel, setzen uns zusammen und ich schreibe alles auf, okay?”

“Ja, ich komme. - Weißt du, was mir noch aufgefallen ist?”

Peter schüttelte den Kopf.

Manchmal konnte der Wissenschaftler auch nerven.

“Der Drogeriemarkt ist eine Todesfalle, falls das Meer mal überschwappt. Dafür hätte es in Deutschland vermutlich keine Baugenehmigung gegeben.”

Bernd war zu ihnen getreten und hatte das Letzte mitbekommen.

“Kennst du den schon, Wolfgang? Ein Unternehmer aus Amerika und ein deutscher wetten, wer am schnellsten ein Firmengebäude hoch ziehen kann.
Nach ein paar Wochen kommt ein Fax aus den USA: ‘Noch 30 Tage und der Bau steht.’ Der Deutsche schickt ein Fax zurück: ‘Noch 30 Formulare und wir haben die Baugenehmigung in der Tasche!’”

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RE: Abenteuer in Thailand-auf der Suche nach Nong

#25 von MadMovie , 01.12.2009 06:51

Fortsetzung Kapitel 17[/size]

Nong gingen zwei Dinge nicht aus dem Kopf:

Zum einen wusste sie nicht, wer der Mann war, der sie telefonisch gewarnt hatte.

Sie würde auf keinen Fall Phuket verlassen, sondern bei Peter bleiben.

Zum Anderen wollte sie unbedingt zum Weihnachtsfest selbst kochen, schon um Peter zu beweisen, dass sie das auch konnte.

Aber sie hatte hier keine Küche und ihre linke Hand war auch noch nicht wieder voll einsatzfähig.

Eine Küchenhilfe wäre nicht schlecht. Lek? Nein, die kam nicht in Frage.

Sie verwarf den Gedanken gleich wieder.

Nong überlegte weiter.

Wen kannte sie noch in Patong? Pon!

Warum war sie nicht gleich darauf gekommen!

Pon kannte sie noch aus der Zeit, als diese in der Caféteria des Landwirtschafts-Ministeriums gearbeitet hatte.

Dann war Pon nach Phuket gegangen, hatte als Kellnerin begonnen und jetzt gehörte ihr selbst ein kleines Restaurant an der Strasse nach Phuket Town.

Nong griff zum Handy.

* * *

Während dessen saßen Wolfgang Werner, Peter und Bernd auf dem Balkon des Nebenzimmers, genossen die abendliche Aussicht auf die Patong Bay und tranken Bier.

“Ich würde gern einen Interviewtermin mit dem Vorstandsvorsitzenden des GeoForschungszentrums Potsdam vereinbaren und wir würden uns dort im Januar treffen.”

Peter hatte im Hinterkopf, eine ganze Artikelserie daraus zu machen, denn als freier Journalist musste er jedes interessante Thema aufgreifen, bevor jemand anderes von einem Redaktionsleiter damit beauftragt wurde.

“Das können wir machen“, sagte Dr. Werner, “kein Problem. Nur noch zwei Sätze dazu...”

Bernd rutschte auf dem Plastikstuhl unruhig hin und her.

“Zwei Sätze” konnte bei einem Wissenschaftler ein Vortrag in der Länge einer Vorlesung bedeuten.

“Ich sagte bereits gestern, die Kollegen haben das modernste Frühwarnsystem der Welt entwickelt. Vom Grundprinzip unterscheidet es sich nur wenig vom System der Amerikaner. Neu entwickelt wurden die Drucksensoren am Meeresboden. Die Anzahl der Messdaten, die gleichzeitig in Echtzeit ausgewertet werden können, ist beeindruckend. Die Amerikaner haben schon reges Interesse an der Auswertesoftware bekundet und werden die wohl kaufen. Aber das kann dir ja Professor Emmermann nächsten Monat viel besser erklären.”

Bernd war beeindruckt.

Wolfgang hatte nur das Dreifache an Sätzen benötigt, wie angekündigt.

Aber er freute sich zu früh, Dr. Werner war noch nicht fertig.

“Die Potsdamer haben ein eigenes Netz, um Erd- und Seebeben rechtzeitig zu erkennen - GEOFON, übrigens auch zwei Stationen hier im Indischen Ozean.”

Bernd schenkte Bier nach und Peter vervollständigte seine Notizen.

Die Verbindungstür wurde vorsichtig geöffnet und Nong huschte ins Zimmer.

“Sawasdee khaa, Khun Wolfgang. Sie haben gestern vieles über Katastrophen erzählt. Was ist mit meiner Heimat?”

“Die Gefährdung für Thailand? Dazu kann ich nicht viel sagen, weil meines Wissens nach die Topografie des Meeresbodens des Indischen Ozeans nirgendwo vollständig erfasst ist und niemand zuverlässig die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Tsunamis berechnen kann. Viel mehr gefährdet ist Indonesien. Am 27. August 1883 explodierte die Vulkaninsel Krakatau in der Sunda-Strasse. Die davon ausgelöste Tsunami war vierzig Meter hoch und 36000 Menschen verloren ihr Leben. Sogar im Ärmelkanal stieg der Wasserstand.”

Wolfgang Werner nippte am Bierglas.

“Aber das war nicht die Frage. Bangkoks Untergrund ist so beschaffen, dass seismische Schwingungen um ein Mehrfaches verstärkt werden.
Ich bin nicht der Experte dafür, aber ein Beben ab 5,7 Richter-Skala würde ausreichen und Bangkok würde wie ein Kartenhaus zusammen fallen.”

Bernd schenkte Bier nach und Nong zog einen Stuhl heran.

“Wie realistisch ist das?” fragte die junge Frau besorgt.

“Eher unwahrscheinlich. Die meisten Beben werden in Süd-China registriert, weit genug weg.” Dr. Werner lächelte.

“Du hast gestern etwas gesagt von Erdplatten, die gegeneinander stoßen”, sagte Bernd.

“Ja, richtig, westlich von hier im Indischen Ozean treffen die Indische, die Australische und die Burma-Platte aufeinander. Diese Platten bewegen sich, schieben sich teilweise untereinander und erzeugen Spannungen. Irgendwann kommt es zur Freisetzung dieser Energie. Ich weiß nur nicht, ob das morgen oder in ein paar Jahren sein wird.”


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RE: Abenteuer in Thailand-auf der Suche nach Nong

#26 von MadMovie , 02.12.2009 20:58

Fortsetzung Kapitel 17
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Pairat hatte an alles gedacht.

Nichts durfte diesmal schief gehen.

Der Plan war eigentlich perfekt.

Er hatte eine zusammenklappbare Kiste, blaue Overalls und einen Kleintransporter besorgen lassen, den seine Männer gerade mittels Schablone und Farbspraydosen mit dem Schriftzug eines erfundenen Klempnerbetriebes versahen.

Man murrte zwar im Stillen über die ungewohnte Arbeit, aber sie erledigten das zur Zufriedenheit ihres Chefs.

Pairat hatte ihnen unerschöpfliche Einnahmequellen versprochen, wenn erst einmal Potaram gestürzt war und sie an den Schalthebeln der Macht saßen.

In der Patong Bay dümpelte ein gechartertes Schiff vor Anker, keine teure Hochsee-Yacht, die wäre zu auffällig gewesen, sondern ein stabiler Fischkutter.

Pairat rieb sich die Hände.

Diesmal würde es klappen, es war vielleicht die letzte Chance...

* * *

Auch Nong hatte an alles gedacht, nur nicht daran, Pon in alles einzuweihen, was in der Zwischenzeit passiert war.

Der Schock über den Tod ihrer Freundin Wan saß noch tief, auch wenn Nong sich das nicht anmerken ließ.

Die quirlige, vor Ideen sprühende Pon hatte ihnen einen Nebenraum in ihrem Restaurant reserviert und dort sogar einen Plastikweihnachtsbaum geschmückt, weil sie wusste, dass die deutschen Gäste sich darüber freuen würden.

Nong hatte sehr schnell das Vorhaben aufgeben müssen, selbst zu kochen.

Die resolute ältere Köchin ließ sich von niemanden rein reden.

Peter und Bernd waren gerade beim ersten Bier, da traf Familie Werner ein, die man ebenfalls geladen hatte.

Sogar die 16Jährige Susann hatte auf einen Bummel mit ihren skandinavischen Freunden verzichtet.

Nong bat darum, dass man ihr Weihnachtsbräuche aus Deutschland erklärte und Dr. Werner beauftragte mit strenger Miene seine Tochter damit, weil ihre Schulnote in Englisch zur Sorge Anlass gab.

Frau Birgit Werner unterhielt sich mit Pon und bat um thailändische Kochrezepte, die sie nach dem Urlaub zu Hause in Hamburg ausprobieren wollte.

Peter unterhielt sich diesmal mit Wolfgang Werner nicht über Frühwarnsysteme und die satellitengestützte Erfassung von Monsterwellen im Südatlantik, sondern sie hatten gemeinsam mit Bernd ein Thema gefunden, über das sich trefflich streiten ließ: Fussball!

Dabei stellte sich heraus, dass Wolfgang Anhänger des Hamburger Sportvereins war und Bernd und Peter Fans von Hertha BSC Berlin.

Es wurde heftig darüber debattiert, ob beide Mannschaften oder nur eine im nächsten Jahr im UEFA-Cup oder Champions League spielen würde.

Pon wirbelte durch den festlich geschmückten Raum und servierte Essen und Getränke.

Es gab von allem etwas, was die thailändische Küche zu bieten hatte und alle waren voll des Lobes.

“Mal was anderes, als immer nur Kartoffelsalat mit Würstchen zum Heiligen Abend”, sagte Susann und erntete nur Zustimmung.

Der Abend hätte perfekt sein können, wenn zwei Dinge nicht passiert wären:

Dr. Werner wechselte abrupt das Thema und fragte wenig feinfühlig nach dem Tod der Bekannten, der zwei Tage zuvor erwähnt worden war.

Bernd war gerade dabei, die komplette Story, beginnend im nasskalten November in Berlin, zu erzählen, da fielen Nong und Peter gleichzeitig die Löffel aus der Hand.

Lek stand plötzlich im Raum, verharrte kurz, eilte dann lächelnd zu Nong, legte eine Hand auf die Schulter und flüsterte:

“Ich wollte dir nie den Mann weg nehmen. Frieden?”

Sie war von Pon eingeladen worden, die von dem Zerwürfnis zwischen den beiden Freundinnen nichts wusste.

Nong blieb nichts anderes übrig, als aufzustehen, die Freundin flüchtig zu umarmen und zu sagen:

“Frieden!”

Dabei blitzte der Ring an ihrer rechten Hand auf und Lek sagte

“Glückwunsch!”

Nong kannte ihre Freundin lange genug, um zu wissen, dass dies ehrlich gemeint war.

Die Situation wurde endgültig entspannt, als Lek neben Bernd Platz nahm und dieser sich sofort um die attraktive Dame kümmerte.

“Mann, die ist umwerfend!” sagte Bernd auf Deutsch.

Peter gab lieber keine Antwort, sondern nickte Lek nur zu.

Nach der Verteilung der kleinen Geschenke, die nur für Familie Werner eine Überraschung waren, fuhr man in zwei Taxen zurück nach Patong.

Bernd gab Lek einen Kuss auf die Wange und vereinbarte ein Treffen am nächsten Tag.

Dann musste er los, denn Nong und Peter waren schon zehn Schritte voraus.

“Blöder Job, Bodyguard”, knurrte Bernd, als die beiden vor der Zimmertür heiße Küsse tauschten.

Bernd schaute aufmerksam in alle Richtungen.

All zu gegenwärtig war noch die Erinnerung an den Heckenschützen McCormick, der exakt von hier geschossen hatte.

Peter löste sich von Nong und knuffte Bernd.

“Noch’n Schlummertrunk oder gleich in die Koje?” fragte er gut gelaunt.

Nong öffnete die Tür und war gerade dabei, die Chipkarte in den Schlitz zu stecken, um Beleuchtung und Klimaanlage zu aktivieren, da wurde ihr ein Tuch vor den Mund gepresst.

Sie spürte einen stechenden Geruch und einen üblen Geschmack, dann war sie weg...


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RE: Abenteuer in Thailand-auf der Suche nach Nong

#27 von MadMovie , 04.12.2009 06:16

Kapitel 18[/size]

Es war relativ einfach gewesen, am frühen Abend in das Hotel zu marschieren und der Dame an der Rezeption einen gefälschten Reparaturauftrag unter die Nase zu halten.

Sie kam auch gar nicht auf die Idee, beim Manager nachzufragen, ob alles seine Richtigkeit habe.

Da zwischenzeitlich eine andere junge Frau den Dienst übernahm, fiel niemanden auf, dass die angeblichen Klempner Mitternacht immer noch im Hause waren.

Pairat wollte auch nicht, dass seine Männer die ganze Zeit auf dem Balkon von Nong’s Zimmer herum lungerten und eine Zigarette nach der anderen qualmten.

Deshalb hatte er sich ein Beschäftigungsprogramm ausgedacht.

Die beiden Farangs würden ihr blaues Wunder erleben.

Erleben? - Sie würden vermutlich überhaupt nichts mitbekommen.

Pairat bedauerte ein wenig, dass vor allem dieser nervige, etwas dickere Farang einen so schnellen Tod finden würde.

Nachdem ein ahnungsloser Mitarbeiter ihnen bereitwillig die Tür zu Zimmer Nummer 418 geöffnet hatte, warteten sie einen Moment, um dann durch die Verbindungstür ins Nebenzimmer zu gelangen.

Einer der neu angeworbenen Männer hatte früher einmal als Feinmechaniker gearbeitet und noch nicht alles verlernt.

Dieser Mann stieg auf eine Aluminium-Stehleiter, nahm die Klimaanlage fachmännisch auseinander, installierte ein paar Sachen und schraubte wieder alles zusammen.

Pairat trieb ihn nicht an, sie hatten alle Zeit der Welt.

* * *

Es hatte dann bis ein Uhr gedauert, bis Nong zur Tür hinein kam und sofort mit Chloroform betäubt wurde.

Sie wurde in die Kiste gepackt und vom dritten Stock abgeseilt.

Über das von Palmen bestandene Gelände gelangten sie durch eine Hintertür in das Nebengebäude des Hotels, das zur Zeit nicht genutzt wurde.

Pairat schickte einen Mann vor, der vom Fahrer des Lieferwagens das Signal erhielt, alles wäre okay.

Der Portier, der sonst Taxen oder Minibusse für die Gäste organisierte, war gerade nicht zu sehen.

Pairat atmete auf.

Diesmal hatte alles geklappt!

Jetzt zum Schiff und dann ab auf die andere Seite der Insel.

* * *

Bernd hatte einen wunderbaren Traum.

Er hüpfte als kleiner Junge über eine blühende Wiese in der Märkischen Heide, beobachtete Schmetterlinge, Bienen und eine Heuschrecke.

Der kleine Junge kam an eine Scheune und schlüpfte hinein.

Dort roch es nach frischem Heu und fauligem Obst.

Der kleine Bernd wurde stutzig.

In einer Scheune müsste es eigentlich auch nach Stroh riechen.

Der zuerst wahrgenommene Geruch wurde immer stärker und kitzelte Bernd die Nase.

Er musste niesen.

Das Gas erreichte die Lunge und Bernd verspürte aufkommende Übelkeit.

Plötzlich wurde er wach und sprang aus dem Bett.

Bernd riss die Schiebetüren zum Balkon auf.

Alle weiteren Handlungen liefen vom Unterbewusstsein gesteuert ab, er war immer noch nicht ganz wach.

Bernd hastete zum Eingang, um die Klimaanlage außer Betrieb zu nehmen.

Nur kein Licht machen, sagte eine Stimme ihm, es könnte sich auch um explosives Gasgemisch handeln!

Im Bad tastete er im Dunkeln nach zwei Handtüchern, tränkte diese in Wasser und warf dem schlafenden Peter eines auf das Gesicht, worauf sein Freund erwachte.

Peter tastete schlaftrunken zum Lichtschalter, bekam aber sofort einen Schlag auf die Hand.

Bernd öffnete die Zimmertür und ein leichter Luftzug wehte durch den Raum.

Jetzt wagte er es, das feuchte Handtuch vom Mund zu nehmen.

Es lag immer noch der Geruch nach Heu und fauligem Obst in der Luft.

“Was ist los?” knurrte Peter, der immer noch im Bett lag.

“Ich bin ein Idiot”, sagte Bernd, “Phosgen ist kein explosives Gas, aber zwei, drei Minuten später, und unsere Lungen wären von Salzsäure zerfressen worden. Wo haben die das nur her?”

Bernd rannte durch das Zimmer, machte nun endlich Licht und griff nach dem Handy.

Die Nummer der Polizeidienststelle in Phuket Town hatte er vorsorglich eingespeichert.

Peter schlüpfte in die Jeans.

Er wusste zwar immer noch nicht, was eigentlich geschehen war, aber eines wusste er:

Wenn dieses Zimmer präpariert worden war, dann auch das Nachbarzimmer.

Er klopfte gegen die Verbindungstür.

“Nong? Nong?”

Peter warf sich mit aller Kraft gegen die Holztür, aber Bernd schob ihn beiseite.

“Laß mich mal!”

Die Tür flog aus den Angeln.

Das Zimmer nebenan war leer...


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RE: Abenteuer in Thailand-auf der Suche nach Nong

#28 von MadMovie , 04.12.2009 16:49

Fortsetzung Kapitel 18[/size]

Sie konnte sich nicht bewegen.

Nong trug Fesseln an den Hand- und Fussgelenken.

Nicht schon wieder dieser Albtraum! dachte sie.

Sie lag in der engen Kajüte eines kleinen Schiffes.

Vom Heck her hörte Nong das gleichmäßige Tuckern des Dieselmotors.

Die Kajüttür wurde aufgestossen und Pairat duckte sich, denn der Durchlass war selbst für thailändische Verhältnisse sehr niedrig.

Er baute sich höhnisch grinsend vor Nong auf.

Als Pairat anfing, mit einem Stock herum zu fuchteln, rollte sie sich unwillkürlich zusammen und hielt die Luft an.

Die linke Hand schmerzte immer noch bei jeder Bewegung.

“Keine Angst, ich werde dich unversehrt an deinen Bestimmungsort bringen lassen, aber noch nicht heute.”

Pairat zeigte zwei Reihen weißer Zähne.

Der hatte offenbar für seine Verhältnisse ausgesprochen gute Laune und Nong entspannte sich ein wenig.

Das Problem war im Moment nur, dass sich die Rebellenführer untereinander nicht einig waren, ob es überhaupt Sinn machte, die Tochter des kommandierenden Generals in der Provinz Yala als Druckmittel zu benutzen.

Also musste Pairat selbst dahin reisen, um die Wankelmütigen umzustimmen, würde aber sein Faustpfand vorerst hier auf hoher See lassen.

Dieser perfide Plan war ansonsten eigentlich ein Selbstläufer, wenn alles klappte:

Die Regierung würde selbstverständlich Verhandlungen mit muslimischen “Terroristen” ablehnen, General Pittayarat würde vor Wut schnauben und ob mit oder ohne Befehl eine Offensive starten.

Es würde Blut fließen, die Unruhen würden eskalieren. Pairat musste dann nur noch lancieren, dass Potaram dahinter steckte.

Wenn die thailändische Presse das nicht bringen wollte, dann eben Zeitungen in Singapur oder Malaysia.

Man konnte auch das Internet nutzen.

Plötzlich fiel Pairat ein, dass es vielleicht doch nicht so eine gute Idee gewesen, die beiden Deutschen mit dem Gas zu vergiften, die hatten womöglich Beweise, dass die entführte Nong mit Potarams Privatjet geflogen war.

Er riss ein Messer aus dem Gürtel und Nong wurde blass.

Hatte es sich dieser unberechenbare Mann anders überlegt?

Pairat durchtrennte die Fesseln und knurrte:

“Versuche nicht, irgendwo gegen zu treten! Wir verstärken jetzt Bullaugen, Luke und Tür mit Planken. Bis übermorgen!”

Pairat drehte sich noch einmal um, bevor er die Kajüte verließ.

“Ach übrigens, auf die Jöhramans brauchst du nicht zu warten, die werden nicht kommen!”

Er fuhr sich mit der Kante der rechten Hand über die Gurgel.

Nong erstarrte und fiel in ein tiefes Loch.

* * *

Im Hotelzimmer herrschte am frühen Morgen dieses ersten Weihnachtsfeiertages hektische Betriebsamkeit.

Bernd war froh, nicht auf die Sheriffs aus Patong angewiesen zu sein.

Die hätten vielleicht die Farangs noch wegen Sachbeschädigung verhaftet.

Stattdessen wurde von Anfang an professionell gearbeitet.

Tongthai hatte sogar Kriminaltechniker mitgebracht, die mit Gasmasken auf dem Gesicht vorsichtig die Klimaanlage zerlegten.

Man konnte von draußen nicht viel erkennen.

Bernd reckte den Hals.

“Sieht aus wie eine Phosgen-Granate. So was ist seit Ende des ersten Weltkrieges verboten!”

Ein raffinierter Mechanismus wurde demontiert, der nachts den Zünder durchschlagen hatte und das Giftgas ausströmen ließ.

Sie hatten unwahrscheinliches Glück gehabt, weil durch irgend einen Umstand die Düse verstopfte und nur eine Teilmenge des Phosgens entwichen war.

Udai war sofort alarmiert worden und hatte wiederum seinen Vater angerufen.

Der General wollte, ohne die Genehmigung aus Bangkok abzuwarten, zwei Hubschrauber und eine Kompanie Soldaten schicken.

Peter und Bernd stand nicht der Sinn nach Frühstück.

Sie gingen dennoch hinunter ins Hotel-Restaurant, um wenigstens einen Kaffee zu trinken.

“Sie können sich alle Zeit der Welt lassen”, sagte jemand hinter ihnen.

Peter und Bernd wirbelten herum.

“Sie werden das Hotelgelände vorläufig nicht verlassen!”

Vor ihnen standen die humorlosen Mitarbeiter des Geheimdienstes, die sich bisher um ihre Kurzzeit-Mitarbeiterin Nong so gut wie gar nicht gekümmert hatten.

“Die haben mir gerade noch gefehlt”, knurrte Bernd auf Deutsch.


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RE: Abenteuer in Thailand-auf der Suche nach Nong

#29 von MadMovie , 08.12.2009 06:53

Fortsetzung Kapitel 18
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Die beiden schweigsamen Männer stellten sich auch diesmal nicht vor.

Sie kassierten die Handys ein und einer ging zur Rezeption, um den Zimmerschlüssel zu holen.

“Jetzt wird es mir zu bunt”, knurrte Peter und wollte aufspringen.

Sofort wurde er wieder in den Plastikstuhl herunter gedrückt.

“Bernd, unternimm bitte etwas!”

“Eine Einstellungsbedingung bei denen ist wahrscheinlich, acht Stunden da sitzen und nicht lächeln. Keine leichte Aufgabe für einen Thai”, sinnierte Bernd.

Peter kannte das eigentlich lange genug, das Beantworten einer Frage mit einem dummen Spruch, der nicht zur Frage passte, aber es brachte ihn jedes Mal wieder auf die Palme.

Eine Entgegnung lag ihm auf der Zunge, aber Peter wurde von Inspektor Tongthai abgelenkt, der gerade vorbei kam.

“Mister Tongthai, würden Sie so freundlich sein und Khun Udai informieren, dass man uns festhält? Und bitte auch General Pittayarat, falls er persönlich hierher kommt!”

Der Inspektor nickte freundlich, machte aber, dass er weiter kam.

Mit diesen “Kollegen” legte er sich lieber nicht an.

Dem Geheimdienstmitarbeiter, der verhindern sollte, dass Peter und Bernd auf die Strasse liefen, um neues Unheil anzurichten, beeindruckten auch die genannten Namen kaum.

Der andere kam zurück und sagte etwas auf Thai.

Es gab eine kleine Diskussion, von der Bernd nur Bruchstücke verstand, aber er hörte etwas heraus, das ihn auf eine Idee brachte.

“Sie dürfen gehen, Mister Weise. Bleiben Sie bitte auf Phuket, bis Polizei und Staatsanwalt sagen, Sie dürfen die Heimreise antreten! Und noch eins: Ihr Artikel, gespeichert in der Datei ‘Potaram’ kann in Deutschland erscheinen ohne den letzten Absatz.”

“Was ist mit...” ereiferte sich Bernd.

“Sie bleiben hier, Mister Krüger!”

Peter erhob sich.

Leider war er nicht ganz so schlagfertig wie Bernd, sonst hätte er jetzt einen Witz gerissen.

Er fragte an der Rezeption nach den Lokal-Redaktionen von Zeitungen und bekam sogar die Adresse eines deutschsprachigen Blattes.

Peter rannte auf’s Zimmer, um ein Foto von Nong zu holen, schnappte sich das Notebook, lief auf die Strasse und stoppte einen rotlackierten Minibus.

Er würde jetzt die Kollegen der schreibenden Zunft um Hilfe bitten, auch wenn die nächsten Ausgaben der Zeitungen erst nach Weihnachten erschienen.

* * *

Zur gleichen Zeit stieg Lek nur wenige Meter entfernt aus einem Minibus und ging zum Hoteleingang.

Sie sah Bernd im offenen Hotelrestaurant sitzen, vor sich ein Glas Wasser und ein Zigarillo, das er nervös zwischen zwei Fingern hin und her rollte.

Offenbar wurde er von zwei Beamten in Zivil bewacht.

Bernd sah Lek kommen.

Das lange braune Haar, die bronzefarbene Haut - eine Sinfonie in Brauntönen, dachte er.

Seine Stimmung hellte sich wieder ein wenig auf.

Nur die dunkelbraunen Augen wurden noch von einer modischen Sonnenbrille verdeckt.

Lek legte besitzergreifend einen Arm um Bernd’s Schulter, rückte einen Stuhl heran und nahm Platz.

“Verschwinde!” knurrte der eine Geheimdienstmitarbeiter.

“Ich bin die zukünftige Frau Kluga”, sagte Lek etwas unsicher, da sie nicht mehr wusste, wie der Name richtig ausgesprochen wird.

Und Bernd erlebte eine Premiere:
Sein Gegenüber verzog den Mund zu einem breiten Grinsen.

Na siehst du, es geht doch, dachte Bernd.

Für das Grinsen gab es nur eine Erklärung...

Lek hatte sehr schnell begriffen, was das anzügliche Lächeln zu bedeuten hatte und knallte ihren TAT-Ausweis auf den Tisch.

“Ich möchte nicht, dass unschuldige Touristen ohne Grund festgehalten werden”, sagte Lek selbstbewusst.

Der Mitarbeiter des Geheimdienstes lächelte noch breiter und zeigte seinen Ausweis.

“Unschuldig?” sagte der Mann.

Mal abgesehen davon, dass ich gemeinsam mit der russischen Mafia thailändische Staatsbürger, die auch nicht gerade rechtschaffen zu nennen waren, festgesetzt habe, bin ich wirklich unschuldig, dachte Bernd.

“Ich möchte ihren Vorgesetzten sprechen, unverzüglich!”

“Sie wünschen mich zu sprechen, Herr Krüger?” sagte ein Herr in nahezu akzentfreiem Deutsch, der einen maßgeschneiderten dunklen Anzug trug.

Die beiden anderen sprangen auf, machten einen Wai und bezogen Posten - der eine an der Strasse, der andere in der Nähe der Rezeption.

Der junge Mann, dessen stechende Augen Lek und Bernd musterten, nahm auf einem der frei gewordenen Stühle Platz.

“Sie können von mir aus hier bleiben als Vertreterin der Tourismusbehörde, wenn Sie Wert darauf legen”, sagte der Neuankömmling zu Lek.

“Ich bin Rangsan Saithong, habe an der Humboldt Universität zu Berlin Politwissenschaften studiert, dann im Außenministerium gearbeitet und bin jetzt Koordinator für die Suchmaßnahmen nach unserer Mitarbeiterin.”

Das wurde aber auch Zeit, dachte Bernd fast ein wenig erleichtert.

Andererseits war ihm sofort klar, dass mit dem Mann nicht gut Kirschen essen war.

“Darf ich fragen, warum die Suche nach Nong erst jetzt so zielgerichtet koordiniert wird?”

“Sie dürfen eigentlich nicht, aber ich habe nichts zu verbergen. Sie waren meinem Vorgänger im Amt immer einen Schritt voraus. Aber jetzt zu ihnen, Herr Krüger! Wir haben unsere alten Datenbanken durchforstet. Sie sind am 15. Februar 1988 als Dipl.-Ing. Dorfmann hier eingereist, angeblich, um Druckereimaschinen zu verkaufen. In Wirklichkeit haben Sie mit Diplomaten aus dem anderen Teil Deutschlands Whisky getrunken!”

Bernd verschluckte gerade einer seiner vorlauten Bemerkungen.

“Mit einem Diplomaten ein Gläschen Whisky zu trinken, ist nicht strafbar, wohl aber Spionage für ein kommunistisches Regime! Sie waren Mitarbeiter der Hauptabteilung Aufklärung des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR, ihre ganzen Alias-Namen möchte ich hier gar nicht aufzählen.”

Rangsan Saithong übersetzte einiges für Lek, aber natürlich nicht alles.

Meine Vergangenheit holt mich ein, dachte Bernd.

“Ich habe dem Königreich Thailand nicht geschadet”, sagte er tonlos.

“Nein, das haben Sie nicht. Aber diesmal sind Sie als Tourist eingereist, um sich mit kriminellen Elementen zu verbünden. Dass die Suche nach Vermissten Aufgabe der Polizei ist, wurde Ihnen schon einmal erläutert, Sie haben die Warnung missachtet. Aus diesem Grund wurde entschieden, Sie des Landes zu verweisen. Sie haben bis morgen 12 Uhr das Königreich Thailand zu verlassen!”

“Aber ich....” versuchte Bernd einen Einwand.

Saithong stand auf, ging um den Tisch und beugte sich ein wenig herab.

“Das ist nicht meine Idee. Der Befehl kommt von ganz oben. Persönlich habe ich sogar ein wenig Verständnis dafür, dass Sie ihrem Freund helfen wollten.”

Eine beeindruckende Persönlichkeit in Uniform betrat das offene Restaurant.

Selbst ein Mann mit viel Lametta auf den Schultern kann mir jetzt nicht mehr helfen, dachte Bernd.


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RE: Abenteuer in Thailand-auf der Suche nach Nong

#30 von MadMovie , 10.12.2009 06:32

Kapitel 19[/size]

Es war finster in der Kajüte, kaum ein Lichtstrahl drang durch die zugenagelten Bullaugen.

Ab und zu kam einer der Bewacher und Nong musste jedes Mal die Augen schließen, weil der gleißende Lichtschein sie blendete.

Meist brachte man ihr eine Flasche Wasser, die in tieferen Schichten des Meeres gekühlt worden war - einen Kühlschrank gab es hier nicht.

Zu essen gab es nur Knabbersnacks und abends einen gebratenen Fisch.

Nong ließ den Fisch zunächst stehen.

Sie fühlte sich nicht wohl.

Nong klopfte an die Tür, niemand kam und sie hämmerte mit den Fäusten dagegen.

Ihre Bewacher rissen die Tür auf und schnauzten sie an, sie solle Ruhe geben.

Nong sagte, ihr sei speiübel und sie müsse sich übergeben.

Sie wurde zur Reling eskortiert und würgte.

Hoffentlich war das nur ein Bluff von Pairat!

Sie schwankte immer noch und musste sich an der Reling festhalten, aber der laue Abendwind fächelte ihr ins Gesicht.

Als es Nong ein wenig besser ging, schaute sie sich um.

Letzte Lichtstrahlen der untergehenden Sonne erhellten nicht weit entfernt eine kleine Insel mit ein paar Felsen direkt am Strand.

Weit im Westen war eine größere Landmasse nur noch zu erahnen.

Nong war hier noch nie gewesen.

Ihr Verstand arbeitete jetzt wieder klarer.

Wenn die Landmasse im Westen Phuket war, dann war der Fischkutter in der Phang Nga Bay vor Anker gegangen.

Den Namen der kleinen Insel kannte sie nicht.

Sie bat ihre Bewacher darum, über Nacht die Tür offen zu lassen, sie würde sonst ersticken.

Die beiden diskutierten kurz, denn es würde bedeuten, dass immer einer Wache schieben musste, damit diese Verrückte nicht einfach über Bord sprang und nach Koh Khai schwamm.

Das hatten sie schon einmal erlebt.

Aber hatte Pairat nicht befohlen, der Geisel kein Haar zu krümmen und auf ihre Gesundheit zu achten?

Also stimmten sie zu.

* * *

Peter machte sich nicht viel Hoffnung, es war eigentlich nur Aktionismus.

Er glaubte nicht ernsthaft daran, Hinweise aus der Bevölkerung zu bekommen, wer weiß, in welche Höhle sie Nong gepfercht hatten.

Der Chef der deutschsprachigen Zeitung war nach Khao Lak gereist und Peter traf nur einen Mitarbeiter an.

Dieser beharrte auf den Vorschriften und verlangte Geld für die Suchanzeige.

Peter stieg in einen Minibus, um im Hotel ein Bier mit Bernd zu trinken.

* * *

General Pittayarat sprach zunächst mit Rangsan Saithong, kam dann an den Tisch und musterte finster Bernd.

Meine Tochter zählt also ehemalige kommunistische Spione zu ihren Freunden, dachte der General.

Andererseits war das lange her.

Dieser Mann hatte nie China, Nordkorea oder Vietnam besucht und auch nie für diese Staaten gearbeitet.

Udai war der Meinung, Bernd wäre ein fähiger Mann.

Man hatte in Bangkok entschieden, dass das Militär verantwortlich dafür war, Bernd Krüger am nächsten Tag am Phuket Airport abzuliefern.

Zwei Beamte in Zivil würden dann dafür sorgen, dass die unerwünschte Person nicht im Großstadtdschungel untertauchte, sondern das nächste Flugzeug nach Europa bestieg.

General Pittayarat setzte sich nun doch.

“Ich kann nichts für Sie tun, mir sind die Hände gebunden.”

Der General sprach nicht so fließend Englisch wie sein Sohn Udai, aber es genügte für eine Unterhaltung.

Bernd beugte sich ein wenig nach vorn und sagte eindringlich:

“Sie brauchen die Marine, Herr General! Fordern Sie Verstärkung an und lassen Sie jedes Boot in den Gewässern rund um Phuket durchsuchen!”

“Woher wissen Sie, dass meine Tochter auf einem Schiff ist?”

Bernd zuckte mit den Schultern. Intuition, ein Bauchgefühl.

Aber der General brauchte knallharte Fakten.

“Man kann Straßensperren errichten und jedes Fahrzeug kontrollieren. Die Kontrolle des Seeverkehrs ist schon schwieriger. Das weiß auch Pairat, der mutmaßliche Entführer.”

“Wissen Sie auch, wohin man meine Tochter mit einem Schiff bringen könnte?” fragte der General.

“Da vor einiger Zeit die Lösegeldforderung im Sande verlaufen ist, bleibt nur noch ein politisches Motiv. Wo gibt es im Moment die größten Probleme?”

“Sie meinen also, diese Verbrecher arbeiten mit den Rebellen im Süden zusammen?” fragte der General ungläubig.

Rangsan Saithong war zu ihnen getreten.

“Das glauben wir übrigens auch.”

Er klappte das Handy auf, um den wichtigsten innenpolitischen Berater des Premierministers anzurufen.

“Ich werde mich auch für Sie einsetzen”, sagte Khun Rangsan, “aber versprechen kann ich nichts.”


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