Kein Kindergeld bei Geburt im Ausland
von Robert Kracht 28. September 2011
Seit 2010 beträgt das Kindergeld 184 Euro für den ersten und zweiten Sprössling, 190 für den dritten und 215 ab dem vierten Nachwuchs. Das kann in der Großfamilie dazu führen, dass es monatlich über 1.000 Euro steuerfeie staatliche Zuschüsse aufs Konto gibt. Nicht jedoch, wenn das Kind außerhalb Deutschlands zur Welt gekommen ist.
Bei gut verdienenden Eltern kämen sogar zudem noch steuerliche Privilegien über Kinderfreibeträge von 7.008 Euro pro Sohn und Tochter hinzu. Das Geld kann aber zunächst gestrichen werden, wenn das Kind beispielsweise im Ausland geboren wird und erst nach einiger Zeit in die elterliche Wohnung nach Deutschland umzieht.
Das ergibt sich aus einem aktuellen Urteil vom Bundesfinanzhof (Az. III R 77/09), wonach Eltern Anspruch auf Kindergeld haben, die über einen Wohnsitz im Inland verfügen. Dagegen wird der Nachwuchs nicht berücksichtigt, der weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland oder in einem EU- und EWR-Mitgliedstaat vorliegt. WO an welchem bestimmten Ort ein Wohnsitz besteht oder nicht, wird für jede Person und insbesondere auch im Verhältnis zwischen Eltern und ihren minderjährigen Kindern gesondert geprüft. Der Sprössling unter 18 begründet erst dann einen Wohnsitz, wenn er eine Wohnung innehat, die auf das Beibehalten und Benutzen schließen lassen.
Zwar teilen minderjährige Kinder grundsätzlich den Wohnsitz ihrer Eltern, denn sie besitzen über ihre Haushaltszugehörigkeit eine abgeleitete Nutzungsmöglichkeit und leben damit zugleich mit in der elterlichen Wohnung. Dies muss jedoch nicht zwingend der Fall sein, sondern hängt wiederum maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls ab, betonten die Richter. So führt beispielsweise ein mehrjähriger Schulbesuch im Ausland, für den das Kind vor Ort bei Verwandten untergebracht ist, regelmäßig dazu, dass das Kind nicht mehr in der elterlichen Wohnung im Inland lebt. Zudem teilen minderjährige Kinder nicht stets automatisch sämtliche Wohnsitze ihrer Eltern, wenn diese über mehrere Domizile verfügen. Deshalb kann auch ein im Ausland lebender Angehöriger im Inland grundsätzlich keinen Wohnsitz begründen, ohne sich hier aufgehalten zu haben.
Werden Sohn oder Tochter im Ausland geboren, so erkennen Familienkasse und auch Finanzverwaltung beim Kind allerdings unter bestimmten Voraussetzungen ausnahmsweise einen Wohnsitz im Inland bereits ab seiner Geburt. Das ist der Fall, wenn sich die Mutter nur kurzfristig zum Zeitpunkt der Geburt oder lediglich zur Entbindung vorübergehend im Ausland aufgehalten hat und das Kind innerhalb angemessener Zeit nach Deutschland gebracht wird. Unter solchen Umständen kann ein im Ausland geborenes Kind bereits von Geburt an den inländischen Familienwohnsitz teilen und sofort Anspruch auf staatliche Förderung erhalten. Kann das Kind den Wohnsitz der Eltern im Inland indes aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht aufsuchen, kann es hierzulande zunächst auch noch keinen eigenen Wohnsitz begründen.
Im zugrunde liegenden Urteilsfall ging es um einen in der Ukraine geborenen Sohn, der erst rund ein Jahr später nach Deutschland einreiste. Der begründet seinen Wohnsitz im Inland nicht bereits mit Geburt, sondern erst mit der Einreise, weil beide Ereignisse nicht innerhalb eines als angemessen zu beurteilenden Zeitraums erfolgt waren. Daher hielten die Richter die Entscheidung der Familienkasse für korrekt, Kindergeld erst später anzuweisen.
Quelle: Capital.de